Bericht zum Indien Wirtschaftstag der Stadt Karlsruhe zusammen mit der Industrie- und Handelskammer Karlsruhe unter dem Titel: Indien im Wandel - Chancen für die Zukunft am 17.Juli 2024
Auf dem Wirtschaftstag Indien der Stadt gemeinsam mit der IHK Karlsruhe diskutierten rund 140 Teilnehmende über Chancen zur Zusammenarbeit auf dem indischen Subkontinent. Expertinnen und Experten aus Politik, Wissenschaft und Unternehmen berichteten über Ihre Erfahrungen und gaben Tipps zum Markteinstieg, Export, rechtlichen und steuerlichen Rahmenbedingungen sowie zum erfolgreichen Umgang mit indischen Geschäftspartnern.
Baden-Württemberg und Maharashtra
Nach der Begrüßung durch IHK Präsident Wolfgang Grenke eröffnete Staatsminister Dr. Florian Stegmann den Wirtschaftstag Indien mit einem klaren Bekenntnis zur bestehenden Partnerschaft mit der indischen Partnerprovinz Mahrashtra: „Mit unserer langjährigen Länderpartnerschaft haben wir bereits eine starke Verbindung geschaffen. Im Fokus steht die Gewinnung von Fachkräften, ein wichtiger politischer Schritt um Unternehmen aus Baden-Württemberg zu unterstützen und dem Arbeits- und Fachkräftemangel auch langfristig entgegenzuwirken.“
Bei der nachfolgenden Oberbürgermeisterrunde waren sich OB Dr. Frank Mentrup, OB Dietmar Späth aus Baden-Baden und OB Cornelia Petzold-Schick einig, dass gute internationale Zusammenarbeit auf kommunaler Ebene nicht nur wirtschaftliche Aspekte betrifft. Nachhaltige Projekte und Beziehungen entwickeln sich dann besonders positiv, wenn auch Wissenschaft und Kultur ihre verbindende Wirkung entfalten. Dafür gibt es in der TechnologieRegion Karlsruhe bereits gute Beispiele von der Hochschulzusammenarbeit bis zur Eröffnung der ersten indischen Kunstgalerie in Süddeutschland.
Indien und Deutschland verbindet eine historische Partnerschaft
Schon im 3. Jahrhundert vor Christus beschäftigten sich erste Europäer –griechische Reisende- mit Indien. Als Beobachter der dortigen Gesellschaft, als Handelspartner, aber auch insbesondere als Wiege einer vielseitigen Gedankenwelt. Später lasen Voltaire, Goethe, Schopenhauer oder Beethoven in der Bhagavad Gita oder den Veden und zitierten in ihren Werken aus diesen alten indischen Texten. Immer mehr Worte aus dem Sanskrit fanden Eingang in europäische Sprachen, wie Pyjama, Karate, Arier oder Katamaran. 1923 gewann zum ersten Mal ein indischer Universalgelehrter den Nobel-Preis: Rabindranath Tagore. Mit diesen Anregungen appellierte Prof. Dr. Manuel Vermeer, an das Publikum sich intensiver mit der kulturellen Vielfalt Indiens zu beschäftigen, denn es gibt viel zu gewinnen – auch das Ansehen bei indischen Geschäftspartnern.
Jugaad für mehr Innovationen
Warum gibt es in Indien so viele kluge Köpfe, die heute 30% der CEOs in den TOP 500 globalen Unternehmen stellen? Warum werden viele digitale Ideen in Indien entwickelt. Eine der Antworten auf diese Frage ist Jugaad. Jugaad heißt in Indien eine innovative, improvisierte Lösung, die auf Einfallsreichtum und Cleverness beruht. Widrigkeiten wie knappe Ressourcen werden als Chance verstanden und zwingen zu flexiblem Denken und Handeln. Dr. Anamika Datta verfügt über 10 Jahre Erfahrung in der eCommerce-Branche in Indien und Europa bei und erklärte in ihrem Vortrag, dass in der indischen Herangehensweise auch an komplexe Probleme einen Hauptgrund für den Erfolg von indischen Tech Start-ups und Fachkräften liegt.
Markterfolg in Indien - Unternehmenserfahrungen
Patrick Seitz, Geschäftsführer der aluplast GmbH, berichtete über die fast 20-jährige Erfolgsgeschichte des Unternehmens in Indien, vom Markteinstieg bis zur Ausweitung der Produktions- und Lagerkapazitäten vor Ort. „Früher haben wir die IHK, die AHK oder Berater genutzt, um uns zum Markteinstieg in Indien zu informieren – heute können wir selbst über positive Entwicklungen berichten“. Friedemann Edel, Head of Legal Affairs und Compliance des Global HQ der GMT Gummi-Metall-Technik GmbH, hat über 10 Jahre den indischen Produktionsstandort der GMT geleitet und steckte mit seiner Begeisterung für Indien eine Reihe von Teilnehmenden an.
Die Industrial Application Software (IAS), vertreten durch Timur Kücük, Leiter des Competence Center berichtete über Zusammenarbeit mit indischen IT-Spezialisten in Deutschland aber auch vor Ort.
Gute Vorbereitung und Flexibilität sind zum erfolgreichen Markteinstieg in Indien notwendig
In mehreren Kurzvorträgen wurden die Rahmenbedingungen für einen erfolgreichen Markteinstieg unterhaltsam erläutert. Dir Matter von der AHK Indien berichtete von Fehleinschätzungen deutscher Firmen bei der Beurteilung von Marktchancen und gab Tipps für die richtige Auswahl zuverlässiger Geschäftspartner. Gabriele Borchard vom Indien Kompetenzzentrum der IHK Mannheim erläuterte die Regelungen beim Export nach Indien und die aktuellen Zertifizierungsvorschriften. Karsten Echle, Finanz- und Rechtsexperte bei Dr. Wamser+ Batra GmbH, hat als CFO erfolgreich ein deutsch-indisches Joint-Venture aufgebaut. Er informierte über die steuerlichen und rechtlichen Rahmenbedingungen in Indien.
Hochschulzusammenarbeit im Deutsch-Indischen Kontext
Prof. Dr. Thomas Hirth, Vizepräsident für Transfer und Internationales am KIT, berichtete von den verschiedenen Formaten der Zusammenarbeit mit Indien wie Studierendenaustausche, Forschungskooperationen mit 22 Partnerinstitutionen über alle Bereiche und Fachgebiete des KIT hinweg, Zusammenarbeit im Start-up-Bereich und das seit 2024 bestehende Engagement des KIT im Beirat des Deutschen Wissenschafts- und Innovationshaus DWIH in New Delhi. Indische Studierende stellen mit 471 Studierenden die größte Gruppe der Internationals im KIT.
Prof. Dr. Rose Marie Beck, neue Rektorin der Hochschule Karlsruhe, stellte Programme für internationale Studierende vor und erläuterte verschieden Optionen für die Zusammenarbeit mit Indien. Die bereits bestehende Kooperation mit der Mumbaier Hochschule NMIMS-Narsee Monjee Institute of Management Studies- zur Transformation eines bestehenden Industriegebiets soll zukünftig weiter ausgebaut werden.
Der alte Westen und der neue Süden
Zum Abschluss des Indien Wirtschaftstages erläuterte der ehemalige deutsche Botschafter in Indien, Walther J. Lindner, die Besonderheiten des Landes. Schon aufgrund seiner Größe steht Indien vor komplexen Herausforderungen, die zu internationaler Zusammenarbeit einladen. „Jeder 5. Mensch auf der Welt ist Inder.“ Diese über 1,4 Mrd. Menschen sind im Median 29 Jahre alt – die Bevölkerung ist also sehr jung und sucht nach Ausbildungsmöglichkeiten und Arbeitsplätzen. Dazu kommt eine hohe Diversität durch unterschiedliche Sprachen und Religionen. In Indien wird gern und ausführlich diskutiert und Meinungen werden vehement vertreten – was Europäern manchmal befremdlich erscheint, für die demokratische Entwicklung aber entscheidend ist. Halt für alle Menschen in Indien geben zum einen die Großfamilien, in denen mehrere Generationen gemeinsam ihr Leben gestalten und die Spiritualität, die zu einer besonderen Einstellung zu vielen Aspekten des Lebens führt. Es gibt viel zu entdecken, wenn man sich mit Indien beschäftigt.
Mit diesem Schlusssatz und der Aufforderung möglichst selbst nach Indien zu reisen, ums sich ein eigenes Bild von der Vielfalt vor Ort zu machen endete der Wirtschaftstag Indien 2024.
Weiterführende Kontakte:
India Board Karlsruhe
Sabine Dietlmeier Wirtschaftsförderung
Stadt Karlsruhe
Tel: 0721-133-7341
Email: sabine.dietlmeier@wifoe.karlsruhe.de
www.india-karlsruhe.com