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Platz der Grundrechte

Mit einem ungewöhn­li­chen Kunstwerk unter­streicht die Stadt­ ­Karls­ruhe ihre Bedeutung als deutsche „Haupt­stadt des Rechts“: Ein Kunstwerk von Jochen Gerz für den öffent­li­chen Raum, das unter Betei­li­gung von Rechtspro­mi­nenz, Politik und der Be­völ­ke­rung in der Stadt der höchsten deutschen Gerich­te entstand.

Konzept „Platz der Grundrechte“

Der „Platz der Grund­rech­te“ – ursprüng­lich ein Ge­schenk zum 50-jährigen Bestehen des Bundes­ver­fas­sungs­ge­richts – macht ein sperriges Thema erlebbar: Was bedeuten Recht und Gerech­tig­keit für das Individuum, was für unsere Demokra­tie? ­Die direkte Parti­zi­pa­tion und Mitau­to­ren­schaft der Öf­fent­lich­keit sind ein wesent­li­ches Merkmal der Arbeiten von Jochen Gerz. Er lädt das Publikum im öffent­li­chen Raum ein, diesen mit ihren Stimmen und Beiträgen als Kunst neu zu for­mu­lie­ren und so reale Demokratie herzu­stel­len.

Interviews mit Prominenz

Gerz hat 48 prägnante Aussagen zu Recht und Gerech­tig­keit aus In­ter­views zusam­men­ge­stellt. Der Künstler konfron­tiert 24 Aus­sa­gen von Juristen, Wissen­schaft­lern und Rechts­ex­per­ten mit ebenso vielen Statements von Personen, die mit dem Gesetz in Kon­flikt gekommen sind oder bisher keine einschnei­den­de Er­fah­rung mit dem Recht gemacht haben. Indem Gerz jeweils eine Ant­wort der befragten Gruppen auf die Vorder- und Rücksei­te ei­nes Straßen­schil­des emailliert, stoßen zwei Ansichten zum Recht direkt aufein­an­der: „Die beiden Seiten könnten sich nicht nä­her sein, doch zweifellos sprechen sie Rücken an Rücken.“ (Gerz) So entstehen spannende, manchmal auch wider­sprüch­li­che ­Kon­fron­ta­tio­nen und Dialoge. Nüchterne Feststel­lun­gen stehen ­ne­ben emotio­na­len Ausrufen, in denen sich höchst subjek­ti­ve Er­fah­run­gen mit Recht und Unrecht wider­spie­geln.

Zu den promi­nen­ten Personen, die Gerz befragte, gehören etwa der Präsident des Bundes­ver­fas­sungs­ge­richts Hans-Jürgen ­Pa­pier seine Vorgän­ge­rin und jetzige Präsi­den­tin des Goethe-Instituts Jutta Limbach oder der Philosoph Peter S­lo­ter­dijk. Aus dieser Gruppe stammen Aussagen wie „Der Mensch ­kann nicht vom Recht alles erwarten. Wir haben nicht den to­ta­len Staat oder die totale Herrschaft des Rechts.“ Aus der Ge­gen­gruppe kommen zum Teil provo­zie­rende Sätze wie „Das Recht gibt es nur auf dem Papier“ oder „Die Gesetze schüt­zen ­die Anderen vor mir und mich vor mir selbst.“

Kunstwerk im Stadtbild

Das Kunstwerk ist zentral und dezentral zugleich angelegt. Der zen­trale Ort befindet sich zwischen dem Karlsruher Zirkel und Schloss­platz, auf der histo­ri­schen Achse der badischen ­Me­tro­pole. Dieser Ort wurde auf Vorschlag vom damaligen Herrn O­ber­bür­ger­meis­ter Heinz Fenrich vom Karls­ru­her ­Ge­mein­de­rat bestimmt und erhält den Namen "Platz der Grund­rech­te". Hier sind 24 Metall­schil­der montiert. Die glei­che Zahl Schilder sind als zweite Version des "Platz der Grund­rech­te" an ebenso vielen Orten der Stadt aufge­stellt.

Ein Schild steht an der Stelle, an der 1977 ­Ge­ne­ral­bun­des­an­walt Siegfried Buback von Mitglie­dern der RAF erschossen wurde. Eine andere Tafel erinnert am frühe­ren ­Stän­de­haus, dem Sitz des ersten deutschen Parlaments, an die de­mo­kra­ti­schen Ursprünge unseres Staates. Aber auch ­aus­ge­fal­lene, vergessene Orte werden in Erinnerung gerufen, so der Platz, an dem die letzte öffent­li­che Hinrich­tung in Karls­ruhe stattfand. Für die Kreati­vi­tät der Karlsruher und ihre umfassende Auslegung des Rechts­be­griffs zeugen ein Stand­ort für Wehrdienst­ver­wei­ge­rer nahe des Haupt­bahn­hofs und einer für die 68er-Bewegung in Karlsruhe-Durlach.

„Die Stadt Karlsruhe, Sitz der wichtigs­ten juris­ti­schen In­stan­zen in Deutsch­land, hat mit dem Auftrag an Jochen Gerz eine Besinnung auf ihre Rolle als Hauptstadt des Rechts ein­ge­lei­tet“, bekundete der damalige Oberbür­ger­meis­ter Heinz Fenrich. „In unserer Bewerbung als Kultur­haupt­stadt­ ­Eu­ro­pas 2010 haben wir das Recht und seine kulturelle Dimen­sion im Gemein­we­sen thema­ti­siert. Dieser Prozess findet im 'Platz der Grund­rech­te' eine erste und bleibende Form, doch kein Ende. Karlsruhe wird weitere Anstöße zur Diskussion über das Recht als Grundlage einer Gesell­schaft und damit für die der­zeit so wichtige Frage der Werte­ge­mein­schaft des zu­sam­men­wach­sen­den Europa geben.“

Dezentrale Orte und Begründungen

Die 24 dezen­tra­len Standorte hat die Karls­ru­her ­Be­völ­ke­rung in drei Bürger­fo­ren bestimmt. In der Regel ­ste­hen die Standorte für ein Ereignis aus der städti­schen ­Ge­schichte, das unter­schied­li­che Aspekte des Themas Recht ­be­leuch­tet.

Grundrechtsschild am Rheinhafen

Die Gerech­tig­keit, so wie ich sie empfinde, wird nicht von Allen geteilt. Was das Recht ist, kann nicht unabhängig davon sein, was ich empfinde. Es gibt viele Mittel, um demokra­ti­sche Rechte zu verzögern oder zu verheim­li­chen. Das sage ich, davon ausgehend, dass ich im Rechts­staat lebe und das eigene Recht nicht das Recht sein kann. Es kann nicht sein, dass wir uns Regeln ausdenken, die zwar vorher­seh­bar sind, aber vielen Menschen gegen den Strich gehen. Auf der einen Seite müssen wir mit der Komple­xi­tät der Welt fertig werden, zum anderen können wir aber im Einzelfall in unserer täglichen Umgebung nur mit Rechts­re­geln umgehen, die eine bestimmte Simpli­zi­tät haben.

Begründung von Diplom-Ingenieur Horst Schmidt für die Wahl dieses Standortes

„Das Recht entwickelt sich fließend wie die Wellen des Rheins über Grenzen hinweg in der ganzen Welt bis zum Durchbruch der Menschen­rechte. Es ist nicht statisch, nicht an einen Ort gebunden und trägt die Hoffnung in sich, dass seine Entwick­lung noch viele Grenzen, wie die früher blutige Grenze des Rheins zwischen Deutsch­land und Frankreich, überwinden hilft."

Das Recht hat mich verändert. Ich habe den Glauben daran verloren. Das Recht gibt es nur auf dem Papier. Ich kämpfe seit sieben Jahren. Mir fehlt der Sinn für das, was ich erlebe, das ist die größte Strafe. Ich kann nicht damit umgehen. Es geschieht mir am eigenen Leib. Es ist möglich. Es ist menschlich, auch wenn ich es als inhuman empfinde. Sicher kann es noch größeres Unrecht geben als das, was im Namen eines Staates begangen wird. Produzent von Recht in der Moderne ist aber der Staat, und wenn wir zurück­bli­cken, ist in der Tat die größte Gewalt oft von der Politik ausge­gan­gen. Auch wenn die Freiheits­rech­te zum Inhalt einer Verfassung geworden sind, muss man um sie kämpfen: nichts gilt für alle Zeit.

Begründung von Yps Knauber für die Wahl dieses Standortes

„Das Recht der Freiheit zählt zu den genuinsten aller Grund­rechte. In seinem Grundwert zwar unantast­bar, steht es jedoch immer wieder im Spannungs­feld des Verhält­nis­ses zwischen indivi­du­el­ler Freiheit und politi­scher Ordnung, aber auch im Spannungs­feld partei­po­li­ti­scher Kontro­ver­sen. Somit ist das Recht der Freiheit ein wichtiges Messin­stru­ment für Demokratie.
Der Yorckplatz, 1933 nach dem preußi­schen Feldmar­schall Hans David Ludwig Graf von Wartenburg (1759-1830) benannt, sollte nach Ende der natio­nal­so­zia­lis­ti­schen Diktatur als Erinne­rungs­ort an die Opfer politi­scher Verfolgung in 'Frei­heits­platz' umbenannt werden. Darüber hinaus plante man ursprüng­lich, drei der auf den Platz zufüh­ren­den Straßen nach drei vom NS-Regime ermor­de­ten Karlsruher Wider­stands­kämp­fern zu benennen: August Dosenbach (Mitglied der KPD), Reinhold Frank (Mitglied der Zentrums­par­tei) und Ludwig Marum (Mitglied der SPD). Geschei­tert ist dieses Vorhaben an partei­po­li­ti­schen Kontro­ver­sen innerhalb der Fraktionen des Karls­ru­her Stadtrats um den vermeint­lich bedeu­tends­ten dieser drei Wider­stands­kämp­fer, nach dem die längste der drei Straßen benannt werden sollte.“

Die Zeit heilt keine Wunden. Die Zeit, die wir haben, ist unsere größte Freiheit, gleich wo wir sind, die Freiheit, die uns keiner nimmt. Die Freiheit, sich selbst zu bestimmen, ist die Verän­de­rung, die man erst entdeckt, wenn man sie verloren hat. Ich habe keine Angst davor. Ich kann nicht erwarten, dass man mich entschul­digt. Ich bin schuldig. Die Todess­trafe ist keine legitime Strafe. Der Gesell­schafts­ver­trag, mit dem die Bürger den Staat konsti­tu­ie­ren, umfasst nicht, dem Staat das Recht zu geben, als Bürger über das eigene Leben zu verfügen. Der Staat hat dieses Recht nicht und kann es nie bekommen. Deshalb habe ich ganz funda­men­tale Einwände gegen die Todess­trafe.

Begründung von Alexander Heil für die Wahl dieses Standortes:

„Im Bereich des heutigen Guten­berg­plat­zes befand sich bis 1829 ein Schauplatz öffent­li­cher Hinrich­tun­gen. Der Platz ist sehr belebt. Er ist Mittel­punkt eines gut funktio­nie­ren­den mulit­kul­tu­rel­len Zusam­men­le­bens von Menschen unter­schied­lichs­ter Herkunft. Der von zwei Schulen begrenzte Platz ist einer der belieb­tes­ten Markt­plätze in Karlsruhe.“

Setze nicht deine Liebe aufs Spiel. Es gibt Dinge, die man nicht reparieren kann. Die Gesetze schützen die Anderen vor mir und mich vor mir selbst. Ich wäre schlimm ohne die Gesetze. Nur in der Freiheit ist man geborgen, hat man die Leute um sich, die man liebt und ist kein Tiger hinter Gittern. Ohne die Freiheit wird alles schlimmer. Es wäre eine Illusion zu glauben, dass ich all das durch­set­zen könnte, was ich für rechtens halte, weil das auch immer eine Vision ist. Auch wenn ich etwas anstrebe, weiß ich, dass es äußere Einflüsse gibt, die ich nicht beein­flusse und die ich akzep­tie­ren muss und die das, was ich für rechtens halte, nicht verwirk­lich­bar machen.

Begründung von Professor Peter Weibel für die Wahl dieses Standortes:

„Die Bundes­an­walt­schaft als eine der höchsten Justi­z­or­gane Deutsch­lands prägt das Bild der 'Residenz des Rechts' mit.Das ZKM steht für Innovation in Karlsruhe in den Bereichen der Kunst und Medien­tech­no­lo­gie. Beide benach­bar­ten Insti­tu­tio­nen haben eine große Öffent­lich­keits­wir­kung für Karlsruhe. Dies soll mit der Aufstel­lung eines Schildes zwischen beiden Häusern zum Ausdruck gebracht werden.“

Jeder Rechts­an­walt, Staats­an­walt, Richter macht sich hier zum Affen und die volle Bürger­tri­büne weiß nicht, dass sie belogen wird. Gott sei dank gibt es die Wirklich­keit, auch wenn sie hart sein kann. Was da verloren geht, ist oft nicht beschreib­bar, so klein ist es. Der Verlust ist so intim, dass man nicht weiß, wo oder was es ist. Und die Distanz zum Leben wird derweil größer und größer. Politik ist eine Frage der Wähler­in­ter­es­sen. Wir sind das Volk. Wir wollen im Rahmen der Grund­rechte das reali­sie­ren, was das Volk will. Und das muss man dann auch akzep­tie­ren, sonst braucht man nicht in die Politik zu gehen. So würde ich Politik definieren. Politik ist Gestaltung innerhalb des Rechts. Aber zuviel Recht kann die Nächs­ten­liebe ersticken.

Begründung von Dr. Johannes Leclerque für die Wahl dieses Standortes:

„Die vorwiegend als Unter­su­chungs­haft­an­stalt genutzte Justiz­voll­zugs­an­stalt Karlsruhe in der Riefstahl­straße ist eine besonders symbol­träch­ti­ge 'Naht­stel­le' von Recht und Unrecht, von Gesetz und Einzel­fall­ge­rech­tig­keit, von Schuld und Sühne, von Unschuld und Unrecht. Letzteres gilt insbe­son­dere auch für Gegner des NS-Regimes wie etwa den Sozial­de­mo­krat Ludwig Marum, der 1933 hier zunächst in 'Schutz­haft' genommen und anschlie­ßend in das Konzen­tra­ti­ons­la­ger Kislau gebracht wurde.“

Wenn Sie versagen, dann kommen Sie nicht in den Genuss der Gesetze. Das Recht verselbst­stän­digt sich, das hat mit Strafe nichts zu tun. Ich bin gerecht verurteilt worden, doch zu meiner Strafe gehört auch meine Resozia­li­sie­rung. Die findet nicht statt. Unsere Rechte und unsere Gesetze sind gut, viel mensch­li­cher muss deren Anwendung werden. Wenn die Demokratie in Gefahr gerät, und das ist für uns eine Frage des Vorfeldes, lautet mein Auftrag, wachsam zu sein und alle Bestre­bun­gen zu verhindern, die den Staat gefährden. Die Gefahr kann auch von einzelnen Trägern des Staates ausgehen. Auch das ist denkbar, und auch dann besteht die Aufgabe darin, die Gefahr zu beseitigen.

Begründung von General­bun­des­an­walt Kay Nehm für die Wahl dieses Standortes:

An diesem Ort wurden General­bun­des­an­walt Siegfried Buback und zwei seiner Begleiter, Wolfgang Göbel und Georg Wurster, am 7. April 1977 ermordet.“

 

Grundrechtstafel vor dem Bundesverfassungsgericht

Es gibt univer­selle Gesetze in der Physik. Die gelten für alle. Gibt es eine Angemes sen heit? Ist es möglich, für alle einen wünsch­ba­ren Zustand zu erreichen? Sich etwas geben, heißt es irgendwo nehmen. Ich wünsche mir, dass abends, wenn ich zu Bett gehe, jemand eine Geschich­te erzählt und mir über den Kopf fährt. Aber sagen Sie das keinem, dann bin ich meinen guten Ruf hier los. Gleich kann man nur sein im Sinne seiner Rechte, im Sinne seiner Mitwir­kungs­mög­lich­kei­ten. Ungleich sind wir immer, was unsere Fähig­kei­ten angeht. Ungleich sind wir, was unsere Talente angeht. Auch was unser Schicksal angeht, sind wir ungleich. Also muss man Gleich­heit begrenzen auf die Rechts­be­zie­hun­gen aller zueinander.

Begründung von Dr. Johannes Leclerque für die Wahl dieses Standortes:

„Ich habe mit meinem Vorschlag 'Bundes­ver­fas­sungs­ge­richt. Ostseite' Anregeun­gen aufge­grif­fen, die bereits bei den Foren 1 und 2 eher beiläufig gemacht worden waren. Ich habe die hierbei geäußerten Gründe (höchstes deutsches Verfas­sungs­ge­richt, Hüter der Verfassung und des Rechts­staa­tes, Exponent der 'Residenz des Rechts' usw.) in meine Argumente übernommen und ergänzt mit dem Wunsch, dass das Bundes­ver­fas­sungs­ge­richt auch als Empfänger des 'Geburts­tags­ge­schenks' Standort einer 'Tafel' sein sollte. Ich habe dabei - erfolg­reich - für die Ostseite des Gerichts plädiert, weil hier der Eingang für Richter, Mitar­bei­ter, Prozess­be­tei­ligte, Medien­ver­tre­ter und alle anderen Besucher des Gerichts liegt.“

Abbildung des SWR-Studios Karlsruhe

Ich wollte alles mitmachen, alles kennen lernen, vor allem das Verbotene. Das Verbotene zieht an, vieles geht lange gut, aber eines Tages ist auch das längste Glück zu Ende. Das Verbotene liegt in der Natur des Menschen. Es ist wie das Spiel. Man spielt nicht, um zu verlieren, man spielt auch nicht, um zu gewinnen. Man spielt, um zu spielen. Das Leben ist eine Sucht. Der Jurist beurteilt Jesus, Robin Hood oder Zorro als Figuren der Überlie­fe­rung oder der Literatur. Wir kennen ihre Wirklich­keit nicht. Sie leben für ihr Gefühl von Gerech­tig­keit. Ein Idealfall, der der Nachahmung wert ist. Als Politiker halte ich alle drei für gefährlich. Nichts ist schlimmer als ein Politiker, dessen Ideale nicht hinter­frag­bar sind.

Begründung von Karl-Dieter Möller (SWR) für die Wahl dieses Standortes:

„Die Welt wird täglich kompli­zier­ter. Die Welt der Paragra­phen sowieso. Ständig wächst der Berg von Verord­nun­gen, Gesetzen, Urteilen und Meinungen. Das Begreifen der Paragra­phen­welt verständ­li­cher für den Bürger ausfallen zu lassen - das ist das erklärte Ziel der ARD-Fernseh­re­dak­tion Recht und Justiz und der Hörfun­kre­dak­tion Recht und Rechts­po­li­tik des Südwestfrundfunks in Karlsruhe.

Millionen Zuschauer und Hörer werden über wichtige Urteile des Europäi­schen Gerichts­hofs, des Bundes­ver­fas­sungs­ge­richts, der obersten Gerichst­hö­fe des Bundes, über Sachent­schei­dun­gen des General­bun­des­an­walts und rechts­po­li­ti­sche Geset­zes­vor­ha­ben aus Berlin schnell, fachkom­pe­tent und verständ­lich informiert. Vertieft werden Rechts­fra­gen im ARD-Ratgeber Recht, für den die Fernseh­re­dak­tion Recht und Justiz aus Karlsruhe verant­wort­lich zeichnet. Die Vermitt­lungs­auf­gabe der Medien in Bezug auf das Recht soll mit der Aufstel­lung eines Schildes im Bereich des SWR-Studios Karlsruhe gewürdigt werden.“

Das Leben ist eine einsame Insel. Eine Straftat ist immer ein Hilfe­schrei. Eine Gesell­schaft, die nur mit der Straftat umgehen kann, darf sich nicht wundern, dass ihr verlorene, ungeliebte Söhne erwachsen. Hinwenden, zuhören und tolerieren gehört zu dem Gewinn, den wir erwirt­schaf­ten können. Eine Residenz des Rechts? Angstfrei werden, ist das nicht das Ziel Aller? Wenn wir wirklich Freiheit wollen, müssen wir uns befreien von vielem, das uns einengt, das im Laufe der Jahre zugewach­sen ist. Freiheit muss immer wieder neu gedacht werden. Ich glaube nicht, dass es einen statischen Begriff davon geben kann. Natürlich ist sie dort zu Ende, wo ich Nachbarn schädige, doch sie schafft immer wieder neue Spielräume.

Begründung von Johannes Goldsch­mitt M.A. für die Wahl dieses Standortes:

„Neben dem Bundes­ver­fas­sungs­ge­richt und der Bundes­an­walt­schaft ist der Bundes­ge­richts­hof eine weitere bedeutende Einrich­tung der Recht­spre­chung. Der für die Bevöl­ke­rung geöffnete Park des Bundes­ge­richts­ho­fes bildet mit den Gebäuden des Bundes­ge­richts­ho­fes, der ehema­li­gen Bundes­an­walt­schaft, der juris­ti­schen Bibliothek und des rechts­ge­schicht­li­chen Museums einen Ort der Begegnung von Juristen und Bürgern.“

Unrecht ist alles, was der Gesell­schaft schadet, was sie behindert. Was ich selbst Anderen antue: materi­el­ler Schaden ebenso wie seelische Grausam­keit oder körper­li­che Brutalität. Ein neues Unrecht, für das es noch keine Strafe gibt, ist die Vorver­ur­tei­lung, die die Medien ausüben. Man ist auch immer ein Opfer, wenn man Täter ist. Die Zeit der Rache ist vorbei. Ich denke, dass wir eine der liberals­ten Straf­pro­zess­ord­nun­gen der Welt haben. Wir haben dafür gute Gründe, wenn man an unsere Vergan­gen­heit denkt. Und irgendwo darf man stolz darauf sein. Ich verwahre mich nur dagegen, dass jetzt scheib­chen­weise gewisse Grund­rechte beschnit­ten werden.

Begründung von Dr. Hans-Jürgen Vogt für die Wahl dieses Standortes:

„Das Ständehaus markiert einen wichtigen Schritt zu einer demokra­ti­schen Entwick­lung. Es war das erste Parla­ments­ge­bäude (eröffnet 1822) auf deutschem Boden.“

Politiker können keine Entschei­dun­gen mehr treffen. Das Verfas­sungs­ge­richt wird zur Politik gezwungen. Recht und auch Demokratie sind der Deckmantel für Lobbies, die sich der Medien bedienen. Sich der Medien bedienen heißt, manipu­lie­ren. Die Öffent­lich­keit hat keine Chance: die Wirklich­keit ist nicht sichtbar. Wie begreift sich die Gesell­schaft heute? Der Konsen­sua­lis­mus ist eine Form von Geistes­krank­heit in der Gesell­schaft der Vernünf­ti­gen, die heftigste Epidemien auslöst. Man trifft niemanden, der sich irren kann. Alle haben immer Recht. Und alle kaufen ihre Wahrheiten in denselben Waren­häu­sern, zitieren dieselben Autoren. Dieses in der Mitte Zusam­men­stre­ben hat wirklich etwas Beunru­hi­gen­des.

Begründung von Johannes Kölmel für die Wahl dieses Standortes:

„Der Marktplatz ist der zentrale Platz der Stadt und durch das angren­zende Rathaus das politische Zentrum Karlsruhes. Die Bedeutung der Zentra­li­tät des Platzes und der im Rathaus gefassten Beschlüsse für die Stadt soll mit der Aufstel­lung eines Schildes unter­stri­chen werden.“

Ich bin kein Mensch, der einge­sperrt werden will. Wie vor dem Gesetz sollte auch vor dem Knast jeder gleich sein. Jeder Politiker, Machthaber, Würden­trä­ger. Jeder Mensch. Nur so ist die Idee der Freiheits­s­trafe verständ­lich und ertragbar. Wenn sich einer strafbar macht, der es besser weiß, schadet er durch sein Tun der ganzen Gesell­schaft. Als ich vor 35 Jahren als Richter anfing, gab es noch Zuchthaus, bestrafte man homose­xu­elle Praktiken, und Verkehrs­ver­stoß war eine Straftat. Da ist sehr schnell einge­sperrt worden. Wer einmal die Bewährung brach, hatte keine Chance. Die Gleich­be­rech­ti­gung war nicht durch­ge­setzt, geschieden wurde nach dem Verschul­den­s­prin­zip, entmündigt wurde auch noch.

Begründung von Bruno Kurz für die Wahl dieses Standortes:

„Der Werder­platz ist der zentrale Ort für Markt und Kommu­ni­ka­tion in der Südstadt. Die Vielzahl ethni­scher Herkünfte der Stadt­teil­be­woh­ner spiegelt sich hier in inter­essan­ter Weise wider. Am Werder­platz spiegeln sich aber auch gesell­schaft­li­che Phänomene aktueller Ausgren­zungs­pro­zesse wider. Er ist ein Treffpunkt für jene Menschen, die sich durch die ungeschrie­be­nen Gesetze unserer Leistungs­ge­sell­schaft am Rand des sozialen Spektrums wieder finden - "Verlie­rer" - die hier zwischen­mensch­li­chen Austausch und Solida­ri­tät suchen.“

Ich bin von hier, ich spreche kroatisch. Mein Kind ist deutsch und mein Mann ist Franzose. Wir sind alle Europäer. Ich würde lieber hier vor Gericht stehen als in Kroatien, weil ich hier die Gesetze kenne. Alles, was fremd ist, ist es auch deshalb, weil ich weniger weiß davon. Das Recht zu kennen, ist ein Teil der Identität. Ich kann mich hier vertei­di­gen. Wer einen Juden im Keller versteckt hatte und dann der Gestapo an der Haustür gegen­über­stand, durfte der lügen? Kant hätte «nein» gesagt. Wir sagen zum Glück heute, dass die Rechte, die wir öffentlich befür­wor­ten können, das Lügen verbot - im Dritten Reich zum Beispiel - außer Kraft setzen dürfen. In diesem Falle muss man lügen oder sollte es tun.

Begründung von General­bun­des­an­walt Kay Nehm für die Wahl dieses Standortes:

„Das Theater ist seit jeher eine Stätte, an der gesell­schaft­li­che Ausein­an­der­set­zun­gen mit künst­le­ri­schen Mitteln ausge­tra­gen werden. Es steht für Toleranz, Kunst- und Meinungs­frei­heit. Daran sollte ein Schild im Umfeld des Badischen Staats­thea­ters erinnern.“

Mitleiden ist leiden: sich nicht entfernen. Solida­ri­tät ist etwas, das nicht zum Opfer macht. Geteiltes Leid ... man kann Leid durch zwei teilen, kann man es durch alle teilen? Leid ist eine Einzelhaft. Leid, Schuld und Trauer sind eins. In der Justiz gibt es keinen Platz für die Trauer. Das Recht ist der Entzug der eigenen Geschichte. Es bleibt nur die Geschichte, die keiner gehört haben will. Es gibt im gesell­schaft­li­chen Bereich wenig zu kämpfen. Die Fortschritte sind in der Tat erzielt im Laufe der Geschichte. Wir haben das Recht auf Freiheit in der Verfassung festge­schrie­ben, im Grund­ge­setz. Da gibt es nichts weiter zu kämpfen. Insofern ist der Kampf um die Freiheit ein tägliches Bemühen um die Beachtung des status quo.

Begründung von Dr. Franz Littmann für die Wahl dieses Standortes:

„Die Synagoge in der Kronen­straße wurde in der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 durch die Natio­nal­so­zia­lis­ten in Brand gesetzt und zerstört. Ein Schild an der heutigen Gedenk­stätte soll an die Verfolgung der Juden in Karlsruhe erinnern.“

Das Recht ist eine Abstrak­tion für die Spezia­lis­ten wie für die davon betrof­fe­nen Täter oder Opfer. Hinter dem Rechts­emp­fin­den der Juristen vermisst man Empfinden. Wir haben ein wunder­ba­res Grund­ge­setz. Es ist leider wehrlos gegen den Missbrauch durch die Juristen. Keiner hört mich, doch ich rufe. Der Staat lässt sich bezahlen, ich mache das gratis. Unrecht ist und bleibt Unrecht. Das gestrige Unrecht war Staats­un­recht: Verge­wal­ti­gung von Menschen­recht, Verge­wal­ti­gung des Einzelnen. Wenn heute Unrecht geschieht, ist es isoliert, nicht auf allge­mei­ner Basis und schon gar nicht von Staats­we­gen gestützt. Das Bemühen um das Recht unter der Hoheit der Grund­rechte ist heute vorhanden.

Begründung von Claus Temps für die Wahl dieses Standortes:

„1988 wurde im JUBEZ ein 'Schwules Fest' veran­stal­tet. Die Tatsache, dass dieses Fest in einem städti­schen Jugend­zen­trum stattfand, löste eine vehement geführte öffent­li­che Debatte aus. Namhafte politi­sche Vertreter (Bundes­tags­ab­ge­ord­ne­ter, Oberbür­ger­meis­ter, Vorsit­zen­der der JU) sprachen sich aus Sorge um die Gefährdung von Kindern und Jugend­li­chen gegen eine derartige Veran­stal­tung in einem städti­schen Jugend­zen­trum aus. Die öffent­li­chen Stellung­nah­men gegen die Veran­stal­tung wurden von Homose­xu­el­len vielfach als Diskri­mi­nie­rung empfunden.“

Recht, viele schmücken sich mit deinem Namen. Wer dich kennt, dem ist auch das Unrecht nicht fremd. Und wer das Unrecht kennt, dem brennt sich das Recht ein wie Feuer. Das Leid, das ich selbst erlebe, ist der einzige Ort, den ich nicht verlassen kann. Richten heißt Unrecht begreifen. Wem die Zeit dazu fehlt, der schmückt sich mit fremden Federn. Auch wenn er Richter ist. Wie haben sich meine Eltern verhalten, warum haben sie sich so verhalten? Auch meine Eltern wollten mit mir darüber nicht reden. In den letzten Jahren ist auch die Bundes­re­pu­blik in - wenn auch nicht vergleich­bare - Schwie­rig­kei­ten gekommen. Und da habe ich mir die Frage gestellt - ich bin ja mit vielem nicht einver­stan­den, was hier passiert -, wie würdest du dich verhal­ten?

Begründung von Dr. Hans-Jürgen Vogt für die Wahl dieses Standortes:

Die Univer­si­tät Karlsruhe steht - stell­ver­tre­tend auch für die anderen Hochschu­len in Karlsruhe - für die Freiheit der Forschung und Lehre.“

Ich wollte nicht mehr leben. Ich konnte nur noch an mich selbst denken. Meine Freundin hatte Krebs, doch der hat sie nicht getötet. Ich habe sie getötet. Ich werde bald zum ersten Mal am Grab stehen. Ich wollte das Grab bezahlen, es war nicht möglich. Der Sohn hat mir ausrichten lassen, er hasst mich nicht. Ich würde ihm gerne sagen, wie dankbar ich bin. Schicksal ist kein einklag­ba­rer Rechts­ver­lust. Die Rechts­ord­nung regelt nur einen Lebens­aus­schnitt. Der Mensch kann nicht vom Recht alles erwarten. Wir haben nicht den totalen Staat oder die totale Herrschaft des Rechts. Es gibt rechts­freie Räume, mit denen der Bürger oder in denen er zurecht kommen muss, ohne das Recht.

Begründung von Dr. Harald Ringler für die Wahl dieses Standortes:

„Friedhöfe sind Orte der Ruhe, des Nachden­kens, der Erinnerung und des Abschied­neh­mens. Irdisches Recht und eine Anwendung endet hier. Ist dem verstor­be­nen Menschen in seinem Leben Gerech­tig­keit wider­fah­ren? Ist er anderen und ist man ihm gerecht geworden?“

Der Anfang vom Verhältnis zur Justiz ist die eigene Betrof­fen­heit. Wer es mit dem Recht zu tun bekommt, sollte eine gute Konsti­tu­tion und einen guten Anwalt haben. Wer das Recht braucht und nicht zahlen kann, ist verloren. Es geht oft um die Existenz, und die hängt plötzlich an einem dünnen Faden. Oft fragt man: was hat sich der Richter dabei gedacht? Das Ausmaß an Toleranz ist größer geworden. Vieles war früher Tabu, was heute im täglichen Leben zu sehen ist. Ich bin selbst gespalten, wenn ich auf der Straße vermummte Frauen sehe. Aber ich mache mir keine Gedanken, wenn eine katho­li­sche Nonne an mir vorüber geht. Die Haube der einen und das Kopftuch der anderen, wo ist der Unter­schie­d?

Begründung von Bernadett Hörder für die Wahl dieses Standortes:

Passanten der Durlacher Allee erleben im Bereich der Landes­erst­auf­nah­me­stelle für Flücht­linge an der Straße immer wieder eine Vielzahl von Menschen aus anderen Ländern, die als Asylsu­chende nach Deutsch­land gekommen sind. Die Landes­erst­auf­nah­me­stelle für Flücht­linge ist ein Ort der Reflektion über Rechts­an­sprü­che von Menschen, die aus politi­schen, wirtschaft­li­chen oder persön­li­chen Gründen nach Deutsch­land kommen und hier leben wollen.“

In der Schule erfährt man wenig vom Recht. Danach ersetzen die Medien die Schule, und das Recht wird zum Unrecht Anderer: Sexual­ver­bre­chen, Morde füllen die Presse. In Deutsch­land ist der Besitz von Haschisch strafbar. Wem habe ich geschadet ? Ich bin nicht süchtig, ich bin kein Dealer. Ich zahle für die Ängste der Anderen. Im Prinzip müsste die Zivil­ge­sell­schaft frei von Unrecht sein. Unrecht ist keine mensch­li­che Eigen­schaft per se, sondern ein Umstand, in den wir hinein geboren werden mit der Sehnsucht, sich und andere davon zu befreien. Erst die wechsel­sei­tige Zuschrei­bung von Anrecht auf Recht ermöglicht allge­mei­nes Recht. Ihrem Wesen nach sehnt sich die Gesell­schaft nach dem Recht.

Begründung von Tom Hoyem für die Wahl dieses Standortes:

„Die Europäi­sche Schule steht für das Zusam­men­le­ben junger Menschen aus vielen unter­schied­li­chen Ländern. Sie liegt an der Albert-Schweitzer-Straße und der Bertha-von-Suttner-Straße. Beide Persön­lich­kei­ten wurden mit dem Friedens­no­bel­preis ausge­zeich­net (Suttner 1905, Schweitzer 1952) und haben mit ihrem Wirken für den Frieden die Rechts­vor­stel­lun­gen von Schül­er­ge­ne­ra­tio­nen geprägt.“

Ich wäre oft gerne ein anderer Mensch, obwohl ich mit mir zurecht komme. Es muss Rechte geben, aber wo ist das Recht? Wir sind alle ungerecht in den Augen des Rechts. Ich träume viel, tags und auch nachts. Ich träume von Schönerem als von meinem Leben. Wer trauert, der kann nicht träumen. Nur meine Träume hat man mir gelassen. Nieder­la­gen will man und darf man so wenig wie möglich erleben. Ich war schon einmal auf der Seite und muss sagen, es hat mich stärker gemacht. Ich wusste, das möchte ich nicht mehr erleben, dafür werde ich alles tun. Ein Schlüs­seler­leb­nis, das mir gut tat, auch wenn ich es zuerst nicht eingesehen habe. Was ich als ungerecht empfand, hat mich stark gemacht.

Begründung von Felix Fischborn für die Wahl dieses Standortes:

„Der Wald ist ein Ort der Ruhe und der Erholung. Die Aufstel­lung eines Schildes an einem solchen Un-Ort ermöglicht eine zufällige und nicht erwartete Begegnung mit Kunst. Der Wald gibt den Raum, über das Schild und seinen Inhalt nachzu­den­ken. Das Kunstwerk soll durch den irritie­ren­den Standort die Aufmerk­sam­keit des Spazier­gän­gers, Joggers, Wanderers oder Radfahrers auf sich ziehen, der Wald durch seine Abgeschie­den­heit jedem Einzelnen die persön­li­che Ausein­an­der­set­zung mit der Bedeutung der Grund­rechte anbieten, die in der belebten Umgebung des Stadt­ge­bie­tes so nicht möglich wäre. Daher spreche ich mich für eine abgele­ge­nere Wegkreu­zung im Hardtwald als Standort für ein Schild aus.“

Europa stößt an die neue Welt. Jedes Land ist die Grenze Europas. Zuerst ließen die Kolonia­lis­ten die Kolonien zurück, jetzt stehen die Kolonien vor unserer Türe. Die Schnitt­stel­len sind nicht die Stellen der Gerech­tig­keit, sondern der Macht. Das Gegenteil unserer Verluste wäre der Mut zum Verlust. Im eigenen Verzicht steckt die Chance des Rechts. Residenz des Rechts, das ist ja nicht nur eine Marke für Karlsruhe, sondern für die Republik. Man kann die Bundes­re­pu­blik durchaus als die Karlsruher Republik bezeichnen. Bundes­ver­fas­sungs­ge­richt, Bundes­ge­richts­hof, Bundes­an­walt­schaft sind alle hier vereint in einem bewussten Abstand zu Legis­la­tive als die dritte Gewalt unseres Staates.

Begründung von Ullrich Eiden­mül­ler für die Wahl dieses Standortes:

Zwischen Eisenbahn- und Zeitge­schichte bestand im 19. Jahrhun­dert eine enge Wechsel­be­zie­hung. Die Eisenbahn befand sich zur Zeit der badischen Revolution im Aufbau. Die Hauptlinie am Rhein war gebaut und mit Hessen verbunden. Die Menschen erlebten eine revolu­tio­näre Aufbruch­stim­mung auch im techni­schen Bereich. Der Bau der Eisenbahn bedeutete eine Revolution der Mobilität, die das Fundament des damaligen wirtschaft­li­chen Aufschwungs war.

Die revolu­tio­nären Ideen der 40er Jahre wurden mit der Eisenbahn durch die badischen Städte getragen. Die geistigen Führer errangen mit der Eisenbahn ein hohes Maß an Mobilität; aber auch ihre Gegner! Als Hecker bei seinem Vormarsch in Südbaden vor Kandern stand und nicht recht weiterkam und auch Struves Armee geschlagen war, erhielt er von einer Pariser Freischar Unter­stüt­zung, die eilig mit der franzö­si­schen Eisenbahn bis zum Rhein heran­ge­fah­ren wurde.

Das Militär erkannte schon von Beginn des Bahnbaus an die Bedeutung der Eisenbahn für eine erfolg­rei­che Kriegs­füh­rung. Und so verwundert es nicht, dass auch das preußische Militär die Eisenbahn für den Transport seiner Truppen in Richtung Baden erfolg­reich einsetzte und die Demokra­tie­be­we­gung in kurzer Zeit nieder­schla­gen konnte.

Ich meine, dass diese enge Verbindung zwischen geistiger und techni­scher Revolution, die damals durch die Eisenbahn verkörpert wurde, einen Standort für den dezen­tra­len Platz der Grundrechte am Karls­ru­her Haupt­bahn­hof recht­fer­tigt.“

Vor dem Gericht hat man nicht das Gefühl, dass es Gerech­tig­keit gibt. Es geht um Fakten, und das Warum und Wozu kommt nicht vor. Es sind alles Schnell­ver­fah­ren. Die eigenen Argumente zählen nicht, und das ist die eigent­li­che Verur­tei­lung. Sie sind nicht mehr hörbar. Sie müssen lügen. Es ist eine fremde Welt, die Welt der Schuld­lo­sen. Ich glaube, wir haben erkannt, dass es sinnvoll ist, sich, wo es eben geht, zu einigen und nicht alles bis zum Letzten auszu­fech­ten. Die Mediation spart Vieles: Zeit, Geld und Gesundheit. Es ist sehr wichtig, eine Entschei­dung zu suchen und zu finden, die es allen Betei­lig­ten erlaubt, das Gesicht zu wahren und nicht lebenslang verletzt und verfeindet zu sein.

Begründung von Rolf Vogelsberg für die Wahl dieses Standortes:

„Am Haupt­bahn­hof-Süd kommen sehr viele Busrei­sende, insbe­son­dere aus östlichen und südlichen Ländern in Karlsruhe an, für die der Hinweis auf unsere Grund­rech­te inter­essant und bedeutsam sein kann und wo der Hinweis gesehen und gelesen wird. In der Nähe befindet sich die Zivil­dienst­schule, an der junge Männer unter­rich­tet werden, die von ihrem Grundrecht auf Kriegs­dienst­ver­wei­ge­rung Gebrauch gemacht haben. Im 3. Reich war der Haupt­bahn­hof auch Ort des Unrechts. Es fanden hier u.a. Depor­ta­tio­nen jüdischer Mitbürger statt.“

Ungerecht finde ich es, wie man behandelt wird, weil man sich ein einziges Mal falsch verhalten hat. Auch wenn man die Strafe schon hinter sich hat, wird man behandelt wie einer, der sie noch verbüßen soll. Und das wird sich nicht ändern ein Leben lang, und das ist nicht gerecht. Am besten ist wohl, wenn man gar nichts tut und sich still hält wie ein angeket­te­tes Tier. Die Strafe hat keinen Sinn, leider. Wenn die Polizei perfekt wäre, säßen wir sicher nicht alle hinter Gittern. Nicht auf jedes strafbare Verhalten steht eine Freiheits­s­trafe. Viele haben etwas Strafbares getan und laufen selbst­ver­ständ­lich frei herum. Sie haben vielleicht eine Geldstrafe bekommen. Auch wer Gravie­ren­des begangen hat, läuft in der Regel eines Tages wieder frei herum.

Begründung von Dr. Eberhard Fischer für die Wahl dieses Standortes:

„Auf dem Gelände des heutigen Sport­plat­zes des Postsport­ver­eins fand 1854 die letzte öffent­li­che Hinrich­tung in Baden statt.“

Das Recht passt sich dem Leben an. Oft folgen die Gesetze der Recht­spre­chung. Was heute als rechtens empfunden wird, können unsere Kinder als Unrecht begreifen. Die Menschen verändern sich, vor allem aber ändert sich das Rechts­be­wusst­sein. Es gibt sechzehn Bundes­ver­fas­sungs­rich­ter, damit nicht nur Mehrhei­ten möglich sind. Das Recht ist relativ. Das Recht kann aus Übermut verletzt werden oder deshalb, weil der Einzelne sich von der Gesell­schaft nicht verstanden fühlt. Die Motivation des Einzelnen ist sehr unter­schied­lich. Manchmal geschieht es aus einer tiefen Kränkung heraus oder aus Unverstand. Manchmal ist es auch allein der Wunsch oder der Wille, die Gesetze zu übertreten.

Begründung von Dr. Manfred Koch für die Wahl dieses Standortes:

„Frauen aus Durlach forderten 1848/49 die Gleich­be­rech­ti­gung; Arbeiter demons­trier­ten 1922 für die Republik; 1933 blieb entschie­dene Abwehr des NS-Unrechts­sys­tems auch hier aus; Jugend­li­che im Basler-Tor-Turm verlangten 1968/69 mehr Demokratie. Freiheit, Menschen­würde und Recht gilt es immer neu zu denken und zu schützen.“

Kontakt

Kulturamt

Petra Weßbecher

Kulturbüro Fachbereich 4

Karl-Friedrich-Straße 14 – 18

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