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Kleine Juwelen sollen sich im Zoo Karlsruhe vermehren

Farbenprächtige Stummelfußkröten im Exotenhaus zu sehen / Erste Zoohaltung in Europa

Die Rio-Pescado-Stummelfußkröte ist auf der Liste der 100 am stärksten bedrohten Arten der Welt zu finden. Die Rio-Pescado-Stummelfußkröte ist auf der Liste der 100 am stärksten bedrohten Arten der Welt zu finden. © Stadt Karlsruhe, Zoologischer Stadtgarten, Timo Deible

Im Zoo Karlsruhe gibt es eine neue Tierart. Es ist eine der am stärksten bedrohten Amphibienarten der Welt, die Rio-Pescado-Stummelfußkröte (Atelopus balios). In keinem anderen Zoo in Europa sind diese farbenprächtigen und nur drei bis vier Zentimeter großen Tiere bislang zu sehen, die ausschließlich im Südwesten Ecuadors vorkommen.

Von der Weltnaturschutzunion IUCN wird die Art nicht nur als „vom Aussterben bedroht“ eingestuft, sie galt bereits als ausgestorben, bis Forscher einzelne Tiere im Jahr 2010 wiederentdeckten. Heute findet sie sich auf der Liste der 100 am stärksten bedrohten Arten der Welt wieder.

Zootierarzt Dr. Lukas Reese erläutert: „Die ganze Gattung der Stummelfußkröten steht wie keine andere für das weltweite Amphibiensterben. Sie leidet nicht nur unter der Vernichtung der Lebensräume, sondern auch unter einem aggressiven Hautpilz, dem Chytridpilz, der sich mittlerweile weltweit verbreitet hat. Dieser setzt den Stummelfußkröten wie kaum einer anderen Amphibiengattung zu. Niemand weiß, ob diese Tiere in zehn Jahren überhaupt noch in der Natur vorkommen.“

In Ecuador wird die Art daher seit ihrer Wiederentdeckung in einem Artenschutz-Zentrum besonders gehütet. Im Centro Jambatu ist es bereits mehrfach gelungen, die Stummelfußkröten nachzuzüchten. Mittlerweile sind es dort genügend Nachkommen, sodass die verantwortlichen Fachleute einige Tiere für weitere Back-Up-Populationen zur Verfügung stellen.

„Wir haben bei anderen Arten bereits mit der Organisation Citizen Conservation erfolgreich zusammengearbeitet, auch bei den Stummelfußkröten ist sie der perfekte Partner“, sagt Reese. In Citizen Conservation bündeln Zoos, Forschungseinrichtungen und viele engagierte Privathalter ihre Kräfte, um gesunde Reservepopulationen in Menschenobhut durch gezielte Zucht aufzubauen.

Projekt bereits 2018 gestartet

Gestartet wurde das Projekt bereits 2018 von Frogs & Friends mit der Deutschen Gesellschaft für Herpetologie und Terrarienkunde (DGHT) und dem Verband der Zoologischen Gärten (VdZ), dem auch der Zoo Karlsruhe angehört.

„Die Rio-Pescado-Stummelfußkröte eignet sich sehr gut für das Projekt und soll an verschiedene Zoos und Privathalter verteilt werden“, berichtet Dr. Johannes Penner von Citizen Conservation. Er hat den Import von 30 Nachzuchttieren aus dem Centro Jambatu nach Deutschland organisiert. „Das ist nicht wirklich einfach, da aus Ecuador Tiere nur mit hohen Restriktionen ausgeführt werden dürfen. Zudem müssen viele Formalitäten erledigt werden“, so der Biologe.

Ein Team aus Karlsruhe hat die Tiere zusammen mit Penner vergangene Woche am Flughafen Frankfurt abgeholt und in den Quarantäneraum des Exotenhauses im Zoologischen Stadtgarten gebracht. „Wir mussten nach der Ankunft Tupferproben der Tiere nehmen und davon PCR-Untersuchungen veranlassen. Schließlich müssen wir sicher sein, nicht doch den für die Gattung besonders tödlichen Pilz einzuschleppen“, erzählt Reese, der im Zoo Karlsruhe auch Kurator für Reptilien und Amphibien ist. Erst nach dem Erhalt des negativen Ergebnisses durften die ersten Tiere heute Vormittag in ein Terrarium umziehen, in dem sie auch von den Zoogästen bestaunt werden können.

Augenmerk auf die Zucht

„Wir wollen diese Tiere nicht einfach nur zeigen, der Fokus liegt eindeutig auf der Zucht“, betont der Zootierarzt. Ziel sei es, möglichst viele Tiere in Menschenobhut zu haben, um sie bei einem nicht unwahrscheinlichen Aussterben in der Natur später auch wieder in ihrem eigentlichen Habitat auswildern zu können, sollten die Bedingungen dafür wieder hergestellt sein.

„Die Zoos sind wie eine Arche und können zumindest bei einigen Arten gegen das Aussterben ankämpfen. Und dabei geht es nicht immer nur um die ganz großen Tiere wie Nashörner, Elefanten oder Tiger. Manchmal sind gerade die Zwerge wie diese Atelopus die kleinen Juwelen, die es zu bewahren gilt. Ich bin sehr froh, mit unserem Tierarzt gleichzeitig einen absoluten Amphibienfachmann in unseren Reihen zu haben“, stellt Zoodirektor Dr. Matthias Reinschmidt heraus. In Kooperation mit Citizen Conservation könne es so gelingen, Arten zu retten, die normalerweise nicht im Blickfeld der Öffentlichkeit stehen.

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