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Neue Suffizienzstrategie beim Bauen der Stadt Karlsruhe

Stadtverwaltung verpflichtet sich selbst zur Konzentration auf das Notwendige

Abbildung mehrerer Baukräne © Stadt Karlsruhe, Monika Müller-Gmelin

Vor dem Hintergrund vielfältiger Herausforderungen aktueller und zukünftiger Bauprojekte schärft die Stadtverwaltung ihre Baustrategie nach. Hohe Kosten, starker Zeitdruck, eine angespannte Situation auf dem Baumarkt, eine Vielzahl an anstehenden baulichen Aufgaben, geäußerte Unzufriedenheit von Teilen des Gemeinderates und ein enger Spielraum des Haushaltes erfordern ein Umsteuern und Nachjustieren der Prozesse. Zusammen mit den baupolitischen Sprechern der Gemeinderatsfraktionen haben die Führungskräfte der Stadtverwaltung aus dem Baudezernat in mehreren Arbeitsrunden die Situation analysiert und gemeinsam Handlungsoptionen ausgelotet.

Bürgermeister Daniel Fluhrer fasst die Ergebnisse zusammen: "Wir müssen mit erheblich weniger Budget deutlich mehr Aufgaben leisten. Deshalb setzen wir insbesondere am größten Hebel zur Optimierung an: schon in einer sehr frühen Projektphase werden Aufgabenumfang und Qualitätsstandards sehr kritisch reflektiert und maximal reduziert", so der Baudezernent, der betont: "Es soll nur das unbedingt Notwendige gebaut werden im Sinne einer neuen Suffizienz."

"Der Begriff  'Suffizienzstrategie' schälte sich im Verlauf der Gespräche in der Verwaltung heraus; auch wenn er im Gebrauch zunächst ungewohnt und etwas sperrig wirkt, trifft er doch genau den Kern des Themas, denn er steht für Begrenzung und ein 'Weniger' - eben die Konzentration auf das Notwendige, ganz im Sinne eines nachhaltigen Wirtschaftens", führt Thomas Gillich als stellvertretender Leiter des Amts für Hochbau- und Gebäudewirtschaft und zugleich Leiter des Bereichs Energiemanagement aus. Die nachgeschärfte Leitlinie der Stadtverwaltung reflektiert mit ihren Teilstrategien auf den Dreiklang Quantität, Qualität und Prozesse.

Optimierung der Bauprogramme

Hierbei sieht die Teilstrategie 1 (Quantität) eine Optimierung der Bauprogramme durch die nachfolgend aufgeführten Punkte vor.

  • Straffung der vorliegenden Raumprogramme durch aufmerksame Aufgabenstellung und Aufgabenkritik, mittels dieser die Ausarbeitung einer Minimallösung als Standard bei Machbarkeitsstudien erzielt wird.
  • Das Bauprogramm wird frühzeitig mit den Nutzern definiert, um einerseits dessen Passgenauigkeit zu garantieren und andererseits aufwändige und kostenintensive Nachplanungen zu vermeiden. Zwischen zwingend notwendigen und ergänzenden, wünschenswerten Bestandteilen ist dabei zu differenzieren und in den Entscheidungsvorlagen darzustellen.
  • Die Nutzung bereits bestehender Räumlichkeiten soll intensiviert werden, z.B. durch Mehrfachnutzungen vor Flächenmehrungen.
  • Die Konzentration auf den Erhalt, die Modernisierung und die Weiterentwicklung der Nutzungen im Bestand soll zukünftig verstärkt im Vordergrund stehen. Soweit verträglich muss sich die Nutzung den Möglichkeiten des Gebäudebestandes unterordnen.
  • Pflichtaufgaben (hinsichtlich Projekt und Programm) werden umgesetzt, bevor freiwillige Aufgaben als Gebäudenutzungen oder Funktionsanforderungen (inklusive Komfortfunktionen) integriert werden.
  • Bei konstanter Gesamtfläche soll die Programmfläche (Nutzflächen) maximiert und die Restfläche (Technikflächen, Verkehrsflächen, etc.) minimiert werden.
  • Berechtigte Flächenmehrungen werden möglichst durch eine Anpassung des Bestands wie durch Aufstockung oder Anbauten umgesetzt, bevor eigenständige Neubauten in Erwägung gezogen werden.
  • Nach genauer Abstimmung des aktuellen zwingend notwendigen Bedarfs werden Chancen und Risken eines „Bauens in Etappen“ im Sinne einer schrittweisen Realisierung von weiteren Bedarfen überprüft.

Teilstrategie 2 hinterfragt mit der Optimierung der Standards hingegen Qualitäten. So sollen:

  • suffiziente, also ausreichende Standards definiert und konsequent angewendet werden.
  • benötigte beziehungsweise erwartete Lebensdauern im Rahmen des Projektauftrags definiert werden.
  • minimalisierte gebäudetechnische Ausstattungen von Gebäuden (Lowtech) gegenüber hochausgestatteten Lösungen (Hightech) bevorzugt werden.
  • eine kritische Überprüfung und Reduzierung der aus dem Städtebau formulierten Anforderungen und Standards für den Tiefbau erfolgen. Hierbei sind sicherheitsrelevante Themen nicht von einer Standardreduzierung betroffen.
  • modulare Bauweisen bei geeigneten Projekten angewandt werden.

Die dritte Teilstrategie befasst sich mit der Optimierung der Prozesse in zweierlei Hinsicht:

  • Ergänzend zu städtebaulichen und architektonischen Aspekten werden Wirtschaftlichkeit und Lebenszykluskosten wie auch Gesichtspunkte der Nachhaltigkeit bei Wettbewerben verstärkt in die Aufgabenstellung und als Auswahlkriterium aufgenommen.
  • Vorausschauende Sanierungen mit frühzeitigen konsumtiven Maßnahmen im Bereich des Tiefbaus werden praktiziert. Unter anderem können Oberflächenbehandlungen oder einfache Deckschichterneuerungen umfangreichere Erneuerungsmaßnahmen deutlich hinauszögern (beispielsweise Bauunterhalt der Brücken).

Selbstverpflichtung der Stadtverwaltung

Diese Grundsätze werden als Selbstverpflichtung der Stadtverwaltung darüber hinaus dazu beitragen, die Bauaufgaben der Stadt Karlsruhe nachhaltiger und ressourcenschonender zu gestalten.

Die neue Suffizienzstrategie erweitert bisherige Grundsätze und Leitlinien, Contracting-Modelle, Pilotprojekte für neue Arbeitswelten und von Flächenmehrfachnutzungen im Amt für Hochbau und Gebäudewirtschaft und knüpft an bewährte ressourcenschonende Methoden an, wie beispielsweise beim Bodenmanagement und der Wiederverwertung von Aushubmaterial oder Markierungslösungen statt baulicher Umgestaltungen im Straßenverkehr.

Mit dem Beschluss hat der Gemeinderate am 23. April die Stadtverwaltung einstimmig beauftragt, die neue Strategie zu konkretisieren und zu implementieren. Hierbei ist vorgesehen, ein erweitertes Berichtswesen aufzubauen, die Verwaltungsprozesse einschließlich der Vergabe neu auszutarieren, Erkenntnisse aus bisherigen Projekten stärker einzubeziehen und Ideen für Mehrfachnutzungen von Flächen umzusetzen.

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