In Deutschland gelten knapp 10 Prozent der Bevölkerung als schwerbehindert (Statistisches Bundesamt 2022). Im öffentlichen Leben stoßen sie immer wieder auf Hindernisse und Einschränkungen. Eine dieser Hürden kann der Zugang zu öffentlichen Gebäuden sein.
Davon betroffen sind auch Menschen mit eingeschränkter Beweglichkeit, etwa weil sie eine Gehhilfe benutzen oder mit dem Kinderwagen unterwegs sind.
Um ihren Besuch in einem öffentlichen Gebäude zu planen, benötigen sie Informationen zu dessen barrierefreiem Zugang.
Web App informiert zur Barrierefreiheit
Für öffentliche Orte im Karlsruher Stadtgebiet liefert die Web App Karlsruhe barrierefrei diese Informationen. In der Kartenanwendung sind aktuell Ortsinformationen zu über 160 öffentlichen Einrichtungen im Stadtplan hinterlegt. Die Angaben beantworten zahlreiche Fragen, etwa
- Wie rollstuhlgerecht ist der Ort?
- Ist der Eingang stufenlos zugänglich oder gibt es eine Rampe?
- Wie breit ist die Eingangstür, geht sie automatisch auf?
- Gibt es einen Aufzug und welche Maße hat er?
- Ist Unterstützung für blinde, seh- oder höreingeschränkte Menschen vorhanden?
- An wen kann ich mich wenden, wenn ich vor Ort Hilfe brauche?
- Gibt es Behindertentoiletten im Gebäude?
- Sind Behindertenparkplätze und öffentliche Verkehrsmittel in der Nähe?
Mit der interaktiven Kartenanwendung leistet die Stadt Karlsruhe seit 2015 einen Beitrag zum Thema Barrierefreiheit. Damals nahm das Liegenschaftsamt erstmalig Informationen zur Barrierefreiheit öffentlicher Orte bei Begehungen auf.
Stadt kooperiert mit Sozialhelden
Die Datenaufnahme ist mit einem hohen finanziellen und zeitlichen Aufwand verbunden. Daher war eine dauerhafte Aktualisierung der Orte in der Web App nicht möglich. Deren Daten waren infolge veraltet. Sie auf den neuesten Stand zu bringen ist ein wichtiges Anliegen der Stadt.
Um diesen Prozess zu vereinfachen, kooperiert das Projekt „Karlsruhe barrierefrei“ seit 2021 mit den Sozialhelden e.V. Der gemeinnützige Berliner Verein hat das Community-Projekt Wheelmap.org an den Start gebracht: Eine digitale Karte – die „Wheelmap“ – macht Informationen zu barrierefreien Orten weltweit für alle Menschen zugänglich.
Karlsruhe barrierefrei ist an eine technische Schnittstelle der Wheelmap angebunden. Das bringt zahlreiche Vorteile für die Aktualisierung der Datenbestände. Ebenso können neue barrierearme Orte in Karlsruhe einfacher in die Web App aufgenommen werden. Die Basis dafür bildet ein digitaler Fragebogen (Survey) der Sozialhelden.
Der Fragebogen gibt standardisierte Kriterien für Barrierefreiheit vor, mit denen Freiwillige die Infrastruktur in Gebäuden prüfen können. Sie messen etwa, wie breit und hoch Treppenstufen oder Türen sind und prüfen, ob funktionierende Aufzüge oder behindertengerechte Toiletten vorhanden sind. Die aufgenommenen Daten werden in den Fragebogen eingetragen und über eine Schnittstelle in der Web App aktualisiert.
Web App wurde umfassend optimiert
Auch die Web App Karlsruhe barrierefrei wurde überarbeitet. Optimiert wurde die Benutzerfreundlichkeit auf Mobilgeräten und auf Screenreadern – Vorlesegeräte für Blinde und Menschen mit Seheinschränkungen.
Folgende Features erleichtern die mobile Nutzung:
- Eine Listenansicht erleichtert die Orientierung. Über Kategoriefilter und Suchfunktionen können Orte gefunden und Detailfinformationen angezeigt werden.
- Die Karte zeigt ferner die Positionen von Gebäudeeingängen und Aufzügen an.
- Ergänzt wird die Karte durch interessante Orte – Points of Interests (POI) – aus dem Stadtplan für Menschen mit Behinderungen. Dazu zählen Behindertenparkplätze, Blindenampeln oder Haltestellen mit Angaben zur Barrierefreiheit.
Bei der Optimierung setzte die Stadt auf Kooperationen mit Expertinnen und Experten. Ehrenamtliche Mitarbeitende des Badischen Blinden- und Sehbehindertenvereins (BBSV) analysierten die Anwendung auf Screenreadern und gaben Feedback zu Problemen bei der Nutzung.
Erste Schritte in der Datenaktualisierung
Um die Funktion des digitalen Fragebogens zu testen, haben Mitarbeitende sowie Auszubildende des Liegenschaftsamts an verschiedenen Orten in Karlsruhe Informationen zur Barrierefreiheit aufgenommen. Sie waren unterwegs im Rathaus am Marktplatz, im Bürgerbüro K8 in der Kaiserallee, im Rathaus West, im Rathaus an der Alb sowie an mehreren U-Bahn-Haltestellen in der Innenstadt.
Insgesamt 50 Orte nahmen die Auszubildenden bei ihren Begehungen auf. Die Angaben ersetzen nun die veralteten Karlsruher Daten in der Web App.
Die bei den Datenaufnahmen gesammelten Erfahrungen flossen außerdem in die Optimierung des Fragebogens ein.
Künftig Bürgerbeteiligung geplant
Die Datenaufnahmen sollten künftig auch durch Beteiligung der Öffentlichkeit stattfinden. Ziel ist es, Bürgerinnen und Bürger zu gewinnen, die neue Orte im Karlsruher Stadtgebiet aufnehmen. Gleichzeitig möchte das Projekt dabei unterstützen, die Öffentlichkeit für das Thema Barrierefreiheit zu sensibilisieren.
Um dies zu erreichen, plant die Stadt Karlsruhe langfristig Mapping Events. Das sind Gemeinschaftsaktionen, bei denen Freiwillige in kleinen Gruppen Orte in Karlsruhe auf ihre „Rollstuhltauglichkeit" bewerten. Das können Orte im eigenen Stadtviertel oder der Nachbarschaft sein. Die bei der Bewertung aufgenommenden Daten werden über den digitalen Fragebogen am Smartphone eingegeben. Über die technische Anbindung werden sie in der Web App Karlsruhe barrierefrei und der Wheelmap hinterlegt.
Sobald Mapping Events geplant sind, wird die Stadt an dieser Stelle informieren.