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Reichsprogromnacht: Achtsam sein und genau hinschauen

Gedenken zum 9. November mit Mahnwache und Antisemitismus-Vortrag

An diesem Tag vor 83 Jahren zerstörten antisemitische Brandstifter auch in Karlsruhe zwei jüdische Sakralbauten. „Es ist wichtig, dass wir das Gedenken hier am Ort abhalten“, betonte Oberbürgermeister Dr. Frank Mentrup vor der Gedenkstätte der ehemaligen Synagoge in der Kronenstraße: „Das schafft eine neue Beziehung zu dem unglaublichen Verlust und soll uns auch Mahnung sein.“

Das Stadtoberhaupt reflektierte bei der Gelegenheit auch darüber, wie die Zivilgesellschaft ein solches Verbrechen überhaupt hatte dulden können: „Wann werden aus Worten des Hasses Taten des Hasses? Diese Frage ist heute leider aktueller denn je“, beschloss Mentrup seine Ansprache, auf die ein jüdisches Gebet folgte, das den Verstorbenen gewidmet ist.

Mit aktuellen antisemitischen Tendenzen in der Gesellschaft befasste sich am Abend des 9. Novembers auch ein Vortrag im Tollhaus. Umrahmt von einem Musikprogramm von Violine und Klavier, zeichnete Prof. Dr. Beate Küpper von der Hochschule Niederrhein die antisemitischen Tendenzen in der heutigen Gesellschaft nach. Ihre wichtigste Botschaft: „Genau hinsehen!“ – denn die Wahrnehmung von Antisemitismus sei auch immer eine Frage der Perspektive.

„Wer nicht unmittelbar betroffen ist, kann es sich leisten, nicht aufmerksam zu sein.“ In Befragungen beobachtete die Referentin auch, dass klassische antisemitische Einstellungen zwar zurückgehen, aber subtilere Formen wie Schuldumkehr, der Vorwurf, jüdische Menschen zögen aus dem Gedenken an die NS-Zeit Vorteile oder auch die Forderung nach einem „Schlussstrich“ von einem nicht unerheblichen Teil der Gesellschaft vermehrt toleriert werden.

Auch die welterklärende Komponente des Antisemitismus, die ihn in Verschwörungsmythen einbettet und die Schuldgefühle, welche nicht-jüdischen Menschen eine produktive Debatte über Antisemitismus erschwert, kamen zur Sprache. „Jüdinnen und Juden wachsen mit dem Erbe der Shoah auf, sind im Alltag mit antisemitischen Tendenzen konfrontiert“, betonte Küppers, „aber auch wir müssen im Rahmen einer positiven Selbstsicht genau hingucken und lernen, mit der schamvollen Erinnerung umzugehen.“ -los-

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