Karlsruhe: Stadt und Verwaltung
Deportiertenfriedhof und Lager Gurs
Das in Südfrankreich in sumpfigen Gelände am Fuße der Pyrenäen
gelegene Camp de Gurs war im Frühjahr 1939 zur Internierung der
aus Spanien geflohenen Soldaten der Republikanischen Armee und
der Freiwilligen der Internationalen Brigaden errichtet worden.
Im Oktober 1940 befand es sich unter der Verwaltung der
französischen Vichy-Regierung. Die von den
nationalsozialistischen Machthabern in der Zeit vom 22. bis 24.
Oktober 1940 aus Baden, der Pfalz und dem Saarland verschleppten
über 6500 jüdischen Menschen wurden vom Vichy-Regime in das
Lager Gurs verbracht
Sie fanden dort unmenschliche Verhältnisse vor. Das Lager war
ringsum von Stacheldraht eingezäunt und streng bewacht. Es
bestand aus 382 primitivsten, etwa 125 m² großen Baracken, in
denen jeweils bis zu 60 Personen untergebracht waren. Das Essen
war spärlich, es fehlte an sanitären Anlagen. Viele, vor allem
ältere Menschen, starben an Entkräftung, Epidemien oder aus
Mangel an Medikamenten, anderen gelang die Flucht. Etwa ein
Drittel der nach Gurs verschleppten Juden wurde zwischen 1942
und 1944 in die Vernichtungslager im Osten gebracht. Für sie
wurde so Gurs zur "Vorhölle von Auschwitz".
Auf dem Deportiertenfriedhof befinden sich 1073 Gräber, in denen
Opfer des nationalsozialistischen Terrors und einige internierte
Spanienkämpfer ruhen. In der Nachkriegszeit hatte der Verband
der jüdischen Gemeinschaften des Basses-Pyrénées schon im Jahr
1945 auf dem Friedhof ein Denkmal zur Erinnerung an die Opfer
errichtet. Der zunächst noch gepflegte Friedhof verwilderte aber
im Laufe der Jahre zusehends. Im Jahr 1957 ergriff der
Karlsruher Oberbürgermeister Günther Klotz nach der
Veröffentlichung eines Zeitungsberichts über den Verfall des
Friedhofs die Initiative zu dessen Instandsetzung und Pflege.
Unterstützt wurde er vom Oberrat der Israelitischen
Religionsgemeinschaft Baden. Die badischen Städte, Gemeinden und
Kreise, aus denen jüdische Bürger nach Gurs deportiert und dort
begraben wurden, brachten durch eine Umlage die Gesamtkosten für
die Neugestaltung auf. Der Friedhof, den die Gemeinde Gurs dem
Oberrat für 99 Jahre verpachtet hatte, wurde am 26. März 1963
feierlich eingeweiht.
Die fünf badischen Städte Karlsruhe, Mannheim, Freiburg,
Heidelberg und Pforzheim gaben die Zusage, die Kosten für die
weitere Unterhaltung und Pflege des Friedhofs gemeinsam zu
tragen. Die Stadt Karlsruhe behielt die Federführung. In den
folgenden Jahren traten auch die Städte Konstanz (1994),
Weinheim (1996), Emmendingen (2000), Lörrach und Offenburg
(2002), Bruchsal (2008) sowie der Bezirksverband Pfalz (2006)
dieser Arbeitsgemeinschaft bei. Die Stadt Baden-Baden leistete
seit 2002 einen finanziellen Beitrag und trat 2011 dem Gremium
bei. Seit 2015 beteiligen sich die Städte Bühl und Rastatt und
seit 2016 auch die Städte Bretten und Kuppenheim.
Das Gedenken an die Deportation nach Gurs
Alljährlich lädt die Arbeitsgemeinschaft gemeinsam mit dem
Oberrat der Israelitischen Religionsgemeinschaft Baden zu einer
Gedenkveranstaltung nach Gurs ein.
Der Deportiertenfriedhof in Gurs ist Teil der Erinnerung an die
nationalsozialistischen Verbrechen, die immer wieder erneuert
werden muss. Seine Pflege ist Verpflichtung, die von Generation
zu Generation weitergegeben wird.
Zur Erinnerung an die Verschleppung der badischen, pfälzischen
und saarländischen Juden in das Lager Gurs hat die
Arbeitsgemeinschaft zur Unterhaltung und Pflege des
Deportiertenfriedhofs in Gurs mit Unterstützung der
Landeszentralen für politische Bildung Baden-Württemberg und
Rheinland-Pfalz 2010 eine Publikation zu Gurs herausgegeben. Das
vom Stadtarchiv Karlsruhe betreute Buch dokumentiert neben einem
historischen Abriss zur Geschichte des Lagers vor allem die
Gedenkarbeit in Baden und der Pfalz.
Außerdem hat das Stadtarchiv die Briefe der Familie Niedermann
und Heimberger aus dem Lager Gurs veröffentlicht. Die
zweisprachige Publikation (deutsch-französisch) enthält auch
Erinnerungen von Paul Niedermann, der selbst als Zwölfjähriger
in das Lager Gurs deportiert wurde und viele Jahre als Zeitzeuge
immer wieder in Schulen darüber berichtete.
Camp de Gurs, Barackenfeld, 1939 - 1944
Modell des Deportiertenfriedhofs Gurs, Stadtplanungsamt Karlsruhe 1962
Einweihung des Friedhofs 1963, Enthüllung der Gedenkplatte,
Zweiter von rechts der Karlsruher Oberbürgermeister Günther Klotz
Der renovierte Friedhof 1963
Tag der Deportierten 1990, Vierter von rechts der Karlsruher Oberbürgermeister Gerhard Seiler
Weitere Informationen zum Deportiertenfriedhof Gurs (PDF, 670 KB)