Karlsruhe: Natur- und Umweltschutz
Tiere in Not
Es zwitschert und fiept in den Büschen und Sträuchern in der Nachbarschaft, und die Vogelwelt zeigt sich von ihrer besten - oder vielleicht eher produktivsten - Seite. Es ist die Zeit der Brut und der Jungtieraufzucht. Die erstreckt sich vom Frühling bis in den Hochsommer hinein und das nicht nur auf Grund der unterschiedlichen Balz- und Brutzeiten, denn viele Vogelarten brüten mehr als nur einmal im Jahr. Verwunderlich ist es daher nicht, dass gerade in dieser Zeit auch ein extrem häufiger Kontakt mit dem Menschen auftritt, auch durch jene Arten, die nicht zu den klassischen Gartenvögeln zu zählen sind. Natürlich wird der versierte Hobbyornithologe das ganz Jahr über seiner Leidenschaft frönen können, aber der Kontakt zu eben jener Jahreszeit ist schon ein ganz besonderer, denn häufig treffen die Bürger auf vermeintlich verlassene Jungvögel. Viele zeigen sich dann ratlos über das richtige Verhalten und die daraus resultierende, zwar gut gemeinte, aber übertriebene Fürsorge, die dann von den meisten an den Tag gelegt wird ist häufig nicht nur Fehl am Platz, sondern unter Umständen genau das Falsche.
Der Umwelt- und Arbeitsschutz möchte daher einige Möglichkeiten zum richtigen Umgang mit hilfsbedürftigen Tieren aufzeigen und somit ein Informationsportal für die Bürgerinnen und Bürger der Stadt Karlsruhe bieten.
Wildtiere nach dem Jagd- und Wildtiermanagementgesetz Baden-Württemberg
Wo Menschen leben, finden auch Wildtiere einen Lebensraum. Auch in Karlsruhe ist das zwischenzeitlich ein Thema, das viele Bürgerinnen und Bürger beschäftigt. Insbesondere auf die Fragen, was beim Umgang mit solchen Tieren zu beachten ist oder welche Vorsorgemaßnahmen jede und jeder Einzelne in seinem persönlichen Umfeld treffen kann, hat das Merkblatt "Wildtiere erobern die Stadt" hilfreiche Antworten. Es erläutert die rechtliche Situation, gibt allgemeine Hinweise und praktische Tipps.
Informationen über Wildtiere im Siedlungsraum
Hier können Sie Wildtiere für das Wildtiermonitoring BW melden
Hilfe bei akuter Gefahr
Vögel
Auf Vögel die Hilfe benötigen, kann man im Grunde genommen das ganze Jahr über treffen. Am größten ist die Wahrscheinlichkeit aber während der Vogelbrutzeit, vor allem von April bis Juli. Dann sind viele unerfahrene Jungvögel unterwegs, die oft einen unsicheren und hilflosen Eindruck machen.
Bei den meisten Vogelarten, die in der Stadt vorkommen, verlassen die Jungen das Nest erst, wenn sie zumindest unbeholfen fliegen oder flattern können. Sie verteilen sich dann in der näheren Umgebung des Nestes auf Bäumen und Büschen und werden von den Eltern noch einige Tage gefüttert und lernen selbst Futter zu suchen.
Man sieht sie häufig in Büschen oder nach einem missglückten Flugmanöver auf dem Boden sitzen. Meist rufen die Jungtiere regelmäßig, damit ihre Eltern sie leichter finden. Auch sind die unerfahrenen Tiere oft nicht besonders scheu.
Ein Sonderfall stellen die Jungtiere von Eulen dar, sie verlassen das Nest bereits wenn sie noch nicht flattern können und klettern in Bäumen und Büschen umher, wo sie noch längere Zeit von den Eltern versorgt werden.
Jungvögel vermitteln oft den Eindruck, sie seien hilfsbedürftig. Das ist aber in der Regel nicht der Fall, deshalb sollte man die Vögel auf keinen Fall voreilig aufnehmen sondern sich umsichtig verhalten.
1. Regel:
Möglichst zunächst nicht nähern, sondern aus der Distanz
beobachten.
2. Regel:
Nur wenn eine akute Gefahr droht, zum Beispiel ein am Boden
sitzender Jungvogel an einer vielbefahrenen Straße, kann man
sich ihm nähern.
3. Regel:
Wenn der Jungvogel eine gewisse Scheu zeigt und bei Annäherung
flatternd flüchtet, sollte man ihn in Ruhe lassen. Lässt er sich
ohne Jagen aufnehmen, sollte man ihn nahebei in einen Busch oder
Baum setzen. Übrigens: Die Meinung, man dürfe junge
Vögel nicht anfassen, da sich die Elterntiere auf Grund des
Menschengeruchs nicht mehr herantrauen würden, ist falsch. Die
meisten Vogelarten haben keinen derart ausgeprägten Geruchssinn.
4. Regel:
Man vergewissert sich ob der Vogel verlassen ist. Dazu
beobachtet man ihn aus der Entfernung, damit sich seine Eltern
trauen ihn zu füttern. Man muss mindestens ein halbe Stunde,
besser eine Stunde warten, bevor sich das entscheiden lässt.
Erste Hinweise geben sein Verhalten. Wenn er apathisch dasitzt
und kaum noch ruft, ist es wahrscheinlicher, dass er krank oder
verlassen ist, als wenn er häufig ruft und lebhaft ist. Wer
gewissenhaft beobachtet, achtet auf darauf ob mögliche
Elterntiere in der nahen Umgebung umherfliegen. Eventuell wagen
sie sich nicht in die Nähe des Jungvogels weil eine Störung
vorhanden ist. Das können auch Sie sein, dann müssen sie sich
noch ein Stück weiter entfernen bzw. in Deckung gehen.
Erst wenn sich nach dieser längeren Zeit kein Elterntier bei dem Jungvogel hat blicken lassen, kann man davon ausgehen, dass er Hilfe benötigt.
In diesem Fall benötigt er die Hilfe einer Fachperson, die sie umgehend informieren sollten. Mögliche Ansprechpartner sind:
- Bundesweite Tierrettungsleitstelle (UNA Tierrettung) 24 h Notruf: 0700 - 952 952 95 (12 Cent/Min.)
- Stadt Karlsruhe, Ordnungsamt; Lebensmittelüberwachung und Veterinärwesen (LUV) Tel.: 0721 133-7101
Wenn man hilft gilt es allerdings zu bedenken, dass sich die Natur Regulationsmechanismen ausgedacht hat, die das Überhandnehmen einer Art verhindern. Natürlich ist es nicht leicht zu beurteilen, was nun Natur ist, und was nicht, dennoch sollte die Hilfe wohlüberlegt sein.
Fledermaus
Auch andere Flugtiere werden in der warmen Jahreszeit in menschlichen Siedlungsgebieten angetroffen: Fledermäuse. Häufig werden diese harmlosen Tiere rücksichtslos verscheucht und ihre Quartiere absichtlich oder unabsichtlich zerstört.
Alle in Baden-Württemberg vorkommenden Fledermausarten sind
jedoch gemäß europäischer Flora-Fauna-Habitat Richtlinie streng
geschützt, eine Störung oder gar Tötung ist strafbar. Unsere
heimischen Fledermäuse sind ungefährlich und erweisen sich als
nützliche Insektenfresser, sie fliegen auch nicht in die Haare
und sind keine Covid19-Überträger. Offensichtlich verletzte,
flugunfähige und auf dem Boden umherkrabbelnde Tiere sollten
unbedingt zu Fledermausexperten gebracht werden. Fledermäuse,
die am Boden sitzen, befinden sich immer in einer Notsituation,
da dies nicht ihrem natürlichen Verhalten entspricht. Doch
Vorsicht: Fledermäuse können, wie andere Tierarten auch, beißen
und vereinzelt Tollwut übertragen. Deshalb empfiehlt es sich
beim Anfassen Lederhandschuhe zu tragen.
Soforthilfe im Sommer
Findet man ein entkräftetes Tier tagsüber im Sommer, dann sollte man zunächst dem Tier Wasser zur Stärkung anbieten. Um der Fledermaus den Stressabbau zu erleichtern, ist es ratsam das Tier in einem mit Luftlöchern und Küchenpapier versehenem Schuhkarton an einem kühlen Ort zur Ruhe kommen zu lassen. Am Abend sollte das Tier freigelassen werden. In aller Regel fliegt es dann von selbst davon. Sollte das Tier immer noch nicht wegfliegen können oder handelt es sich um ein noch nacktes Jungtier, dann sind Fledermausfachleute hinzuzuziehen. Hier helfen gerne der Umwelt- und Arbeitsschutz der Stadt Karlsruhe oder das Notfalltelefon der Arbeitsgemeinschaft Fledermausschutz Baden-Württemberg e.V. (AGF) weiter. Werden Fledermäuse in der Wohnung gefunden, die möglicherweise nachts durch gekippte Fenster eingeflogen sind, dann sollte man diesen ebenfalls abends die Möglichkeit zum Ausflug geben. Hierzu einfach kurz vor der Dämmerung die Fenster öffnen, Licht auslassen, Türen schließen und eine Stunde nicht betreten. Präventiv empfiehlt es sich Insektenschutzgitter an den Fenstern anzubringen, vor allem, wenn Fledermausvorkommen in der Umgebung bekannt sind.
Soforthilfe Jungtiere
Noch flugunfähigen nackten Jungtieren sollte am Abend die Möglichkeit gegeben werden von ihren suchenden Müttern abgeholt zu werden, was sehr häufig erfolgreich verläuft. Dazu empfiehlt es sich, das Tier an exponierter, katzensicherer Stelle in der Nähe des Fundortes zu platzieren (s. hierzu auch https://agf-bw.de/20_agf_aktivitaeten/grafik/jungtierfund.pdf).
Wichtig ist, dass das Junge bei Kräften und angewärmt ist, so dass es nach der Mutter rufen kann. Sollte das Tier am nächsten Morgen immer noch da sein, ist es notwendig, sich über das Notfalltelefon der AGF an Fachleute zu wenden.
Soforthilfe im Winter
Findet man eine Fledermaus tagsüber im Winter ist diese ebenfalls in einen mit Luftlöchern versehenen Schuhkarton an einen möglichst kühlen Ort zu stellen. Der Umwelt- und Arbeitsschutz der Stadt Karlsruhe oder das Notfalltelefon der AGF helfen weiter. Achten Sie beim Einholen von Brennholz auch darauf, das Holz einzeln vorsichtig abzufegen, Fledermäuse verstecken sich für den Winterschlaf gerne in Holzstapeln.
(Un-)erwünschte Untermieter
Beim Fund einer Fledermauskolonie im oder am eigenen Haus ist besondere Vorsicht geboten, denn das Vergrämen und selbst das Beseitigen (auch unbewohnter) Quartiere ist strafbar und kann die lokale Population einer Art bedrohen. Es ist zudem unerlässlich, die Tiere nicht in ihrer Ruhe zu stören. Dazu zählt bereits das Betreten oder Ausleuchten des Quartiers.
Der Umwelt- und Arbeitsschutz bittet außerdem alle Bürgerinnen und Bürger mit Fledermausquartieren am oder im Haus, diese zu melden. Zählungen der Tiere beim allabendlichen Ausflug sind eine zusätzliche Hilfe, um die Arbeit des Umweltamtes zu unterstützen.
Der Fund von toten Fledermäusen kann ebenso wichtige Erkenntnisse liefern. Deshalb wird darum gebeten, Totfunde beim Staatlichen Museum für Naturkunde Karlsruhe mitsamt Adresse, Fundort, -datum und -umständen abzugeben.
Ist eine Anbringung von Fledermauskästen gewünscht, berät das Umweltamt.
Sanierung geplant
Wenn eine Sanierung an Fassade oder Dach geplant ist und Fledermäuse dort bekannt sind oder vermutet werden, berät hierzu das Umweltamt (umwelt-arbeitsschutz@karlsruhe.de). In aller Regel kann dann eine für beide Seiten zufriedenstellende Lösung gefunden werden. Weitere Infos auch unter (www.artenschutz-am-haus.de).
Baumfällung geplant
Werden Fledermausquartiere in Bäumen (bspw. unter abstehenden Rindenplatten oder in Baumhöhlen) vermutet, die gefällt werden müssen, berät ebenfalls das Umweltamt (umwelt-arbeitsschutz@karlsruhe.de).
Wichtige Telefonnummern:
für Ratschläge werktags während der
Geschäftszeiten:
-
Stadt Karlsruhe, Ordnungsamt; Lebensmittelüberwachung und
Veterinärwesen (LUV), Tel.: 0721 133-7101
-
Stadt Karlsruhe, Umwelt- und Arbeitsschutz, Fachbereich
Ökologie, Tel.: 0721 133-3101
-
AG Fledermausschutz Baden-Württemberg (www.agf-bw.de),
Zentrales Notfalltelefon für Baden-Württemberg:
0179/4972995
- Falls nicht erreichbar: Polizei, Telefon 110