Karlsruhe: Zoologischer Stadtgarten
Elefantenpfleger
Die Leitkuh unter den Pflegern: Robert Scholz - der Elefantenreiter
"Ich bin die Leitkuh", sagt Robert Scholz selbstsicher. Das bedeutet nicht, dass er auf einer Wiese lauter blökt als andere. Nein, er ist der Chef bei den Elefanten im Zoologischen Stadtgarten. Derzeit also bei Rani, Shanti und Jenny. Seit 18 Jahren ist er Leitkuh. Im Zoologischen Stadtgarten ist er seit 1995, also seit 20 Jahren, dort machte er nämlich auch seine Ausbildung.
"Große Tiere haben mich schon immer beeindruckt und in der Ausbildung fand ich die Elefanten schon recht toll", beschreibt der 36-jährige seine Wahl und Faszination. Gerade diese Faszination ist nötig, um diesen Beruf auszuüben. "Wir machen es nicht aufgrund des Geldes. Wir investieren viel Herzblut, das weit über das normale Maß eines bloßen Jobs hinaus geht. Man muss dafür Leben". Das scheint der gebürtige Pforzheimer zu tun, denn, wie er sagt, ist er "mehr im Zoo als daheim".
Der Elefant entscheidet
Doch Herzblut allein reicht bei weitem nicht für die Arbeit mit den grauen Riesen. "Man muss selbstbewusst auftreten - als sei man der Größte", stellt er klar, denn der Pfleger muss ja die Leitkuh sein. Man müsse nur aufpassen, dass das Selbstbewusstsein nicht zu groß werde. Wobei dafür auch die Elefanten sorgen. "Am Anfang machen sie schön mit und tun alles. Aber irgendwann wollen sie dich testen und sie machen nichts mehr. Dann kommen Zweifel und der Druck wächst. Danach geht es dann langsam Stück für Stück wieder bergauf", beschreibt Scholz das Auf und Ab, vor allem während der Ausbildung und der Anfangszeit. "Wenn der Elefant nicht mitmacht, dann ist die mentale Belastung gerade vor Zuschauern enorm".
Bringt man alle Gundvoraussetzungen mit, ist ein ganz entscheidendes Hindernis zu überwinden. Die Elefanten selbst. "Der Elefant sucht sich den Pfleger aus, er muss mich akzeptieren", stellt Scholz die Eigenwilligkeit der Tiere heraus. In Karlsruhe wird die "Hands-On-Haltung" praktiziert. Das bedeutet, dass die Pfleger in direkten Kontakt mit den Tieren kommen. Da ist Akzeptanz extrem wichtig. Egal, ob der Gesundheitszustand bei den Karlsruher Oldies kontrolliert wird, ob Medikamente verabreicht werden, "altersbedingte Weh-Wehchen" behandelt werden, der Körper mit einem Hochdruckreiniger gereinigt wird oder sie den Elefanten einer Pediküre unterziehen, Robert Scholz und sein fünfköpfiges Elefanten-Team sind immer ganz dicht an den Tieren dran. Zwei Mal täglich werden sie 20 Minuten lang durch das Gehege geführt, um "die Gelenke zu schmieren".
Nur mit Zuschauern
Es sei wichtig, die Elefanten gut zu behandeln und zu kennen, gerade bei Hands-On-Haltung. "An Unfällen sind immer die Pfleger schuld", ist Scholz überzeugt. Weshalb Gewalt beim Umgang absolut kontraproduktiv sei. Die Elefantenhaken, die auch Scholz benutzt, dienen lediglich als "Stoßzahn- und Rüsselersatz, mit dem leichter Druck ausgeübt wird". Das Hauptinstrument, mit dem er arbeitet, ist seine Stimme. Rund 30 Kommandos beherrschen die Tiere. Diese bekommen sie Stück für Stück beigebracht. Immer mit Hilfe von Leckerlis, wie Hunde auch.
"Manchmal schauen sie sich aber auch Sachen untereinander ab". Begeisterung schwingt mit, als er das erzählt. Ein vielleicht nicht ganz so angenehmer Aspekt seines Berufes ist das Säubern des Stalls - denn klar, große Tiere verdauen auch viel! "Ein Elefant frisst bis zu 120 Kilogramm Gras, Heu, Obst, Stroh, Gemüse, Äste und Laub. Täglich! Rund die Hälfte kommt verdaut wieder raus". Doch auch das scheint ihm nichts auszumachen. Er lebt schließlich dafür.
In seinem Element ist Robert Scholz beim "Showteil". Da reitet er ein bisschen auf dem Elefanten und lässt sie das Bein oder den Rüssel heben - auch wenn die "Kunststückchen" vorrangig der Körperpflege dienen. Dank der Eigenheiten der Elefanten klappt das aber nicht immer so gut, wie Scholz weiß: "Rani wurde eine alte schrullige Diva. Veränderungen und Neues findet sie erstmal nicht gut, mit der Zeit ist es aber OK. Wenn sie im Mittelpunkt steht, kann sie minutenlang Rüssel und Bein hochhalten. Ansonsten macht sie das eher nicht". Die 60-jährige Rani gehört zusammen mit Targa im Zoo Augsburg zu den beiden ältesten in einem deutschen Tiergarten gehaltenen Elefanten. Sie hat ihren eigenen Kopf. "Shanti zeigt, ob sie jemanden mag oder nicht, und Jenny muss am konsequentesten geführt werden. Sie nutzt jede Nachlässigkeit aus". Der Pfleger kennt eben seine Pappenheimer.
Den Liebling nicht bevorzugen
Jeder Elefant muss gleich behandeln werden, um Verhaltensänderung gleich zu erkennen. Dennoch hat jeder seinen Lieblingselefanten, zu dem er einen ganz besonderen Draht hat. "Das darf man die anderen aber nicht spüren lassen", sagt Scholz. "Bei mir ist es Shanti. Es hieß immer, sie wäre das böse Stiefkind. So wurde sie behandelt, so verhielt sie sich denn auch. Als sie aber merkte, dass man sich mit ihr beschäftigt, wurde das anders". In dieser Hinsicht sind Elefanten also nichts anderes als große graue Kinder.
Bei einem Beruf wie diesem erlebt man natürlich auch Licht und Schatten. "Besonders schlimm ist es, wenn ein Elefant eingeschläfert werden muss. Man hat über Jahre zusammengearbeitet und ein gutes Verhältnis aufgebaut. Das ist schon sehr traurig", erzählt Scholz, der eine Einschläferung schon dreimal miterleben musste. "Man kann sich aber innerlich darauf vorbereiten. Das schlimmste wäre, wenn morgens ein Tier tot daliegen würde". Doch natürlich gibt es auch erfreuliche Erlebnisse. "Das schönste war, dass wir nach dem Brand (Anmerkung: Der Streichelzoo hatte 2010 gebrannt und dabei wurden auch die Elefanten im benachbarten Dickhäuterhaus verletzt) keinen verloren haben". Alle sind ohne bleibende Schäden davongekommen. "Da weiß man wirklich, was ein gutes Team ist", berichtet er stolz.