Karlsruhe: Stadtgeschichte
Einblicke ins Familienleben
Buch im Handel
Neues Buch über letzte Briefe Ludwig Marums
"In doppelter Hinsicht Feindbild der Nazis"
Von unserer Mitarbeiterin Martina Erhard
"Mein lieber Geliebter! Ich weiß nicht was ich geben würde, wenn ich Dich manchmal ein paar Stunden ablösen könnte!". Das schreibt Johanna Marum am 21. März 1933 an ihren Mann, Ludwig Marum, der sich zu dieser Zeit im Karlsruher Bezirkgefängnis befindet.
"Geliebte! Die Gedanken an Dich und die Kinder, das Bewusst-sein meines reinen Wollens, das Gefühl unsres Rechts halten mich stark. Denke Du ebenso! Die Stunde der Freiheit und unsrer Wiedervereinigung wird schon schlagen!", so schreibt Ludwig Marum am 24. März 1933 an seine Frau. Rund ein Jahr später, am 29. März 1934 wird Ludwig Marum im KZ Kislau ermordet. Die Briefe, die er während seiner Haft an die Familie schrieb, wurden bereits 1984 veröffentlicht. In einer überarbeiteten Neuauflage des Buches "Ludwig Marum. Das letzte Jahr in Briefen" wurden nun auch die noch vorhandenen Briefe publiziert, die Johanna Marum an ihren Mann geschrieben hat. Herausgegeben wurde das Buch von den Stadtarchiven in Karlsruhe und Mannheim.
"Die Erstauflage 1984 war der Beginn einer engen Zusammenarbeit zwischen den beiden Stadtarchiven", meint Susanne Asche, Leiterin des Kulturamts. "Damals hat man auch begonnen, sich in Karlsruhe ausführlich mit dem Nationalsozialismus und den Opfern sowie den Tätern auseinanderzusetzen." Marum habe als bedeutender Politiker der Weimarer Republik immer eine große Rolle gespielt. "Der überzeugte Sozialdemokrat und Gegner des Nationalsozialismus entsprach aufgrund seiner jüdischen Herkunft gleich in doppelter Hinsicht dem Feindbild der Nazis", sagt Asche.
"Schon die Erstauflage machte den Lesern bewusst, welche Bedeutung Ludwig Marum in der Weimarer Republik hatte", meint der Leiter des Mannheimer Stadtarchivs, Ulrich Nieß. Jetzt stehe aber nicht nur Ludwig Marum im Vordergrund, denn "da uns nun auch Briefe seiner Ehefrau vorliegen, bietet das Buch auch interessante familiäre Einblicke", erzählt Nieß. Leider könne man nur auf diejenigen Briefe von Johanna Marum zurückgreifen, die während der Haftzeit in Karlsruhe geschrieben wurden, bedauert er.
Ernst Otto Bräunche, Leiter des Karlsruher Stadtarchivs, dankt Andrée Fischer-Marum, der Enkelin von Ludwig und Johanna Marum, für deren Unterstützung. "Sie hat die Schriftstücke gefunden und sie für die Veröffentlichung zur Verfügung gestellt."
Andrée Fischer-Marum, die in Berlin lebt, freut sich, dass das Buch in dieser Form realisiert werden konnte: "Es war mir wichtig, dass auch meine Großmutter dargestellt wird", sagt sie. "Sie war immer an der Seite meines Großvaters." Noch heute erinnert sie sich an den Aufruf der Großmutter: "Ihr dürft ihn nie vergessen!"
Badische Neueste Nachrichten | Karlsruhe | KARLSRUHE | 05.11.2016