Karlsruhe: Stadtgeschichte
Bauten von Heinrich Hübsch
Innenstadt
Erhaltene und zerstörte Bauten von Heinrich Hübsch am Botanischen Garten: Kunsthalle, Hoftheater, Orangerie
H. Hübsch, aquarellierter Entwurf für die Fassade der Kunsthalle, vor 1838
Die Gruppe von Bauten, die Heinrich Hübsch (1795-1863) in einem Zeitraum von rund zwanzig Jahren am Botanischen Garten errichtet hat, darf als das Hauptwerk dieses bedeutenden badischen Architekten gelten. Nacheinander sind entstanden: die Kunsthalle (1837-46), das Hoftheater (1847-53), die Orangerie und die den Garten nach Norden abschließenden Gebäude, bestehend aus Palmenhaus, Torbau und "Italienischem Garten" (1853-57). Resultat war ein eindrucksvolles Ensemble, das den bildenden und darstellenden Künsten sowie der kunstvoll gepflegten Natur gewidmet war. Im Zweiten Weltkrieg wurden alle genannten Gebäude beschädigt. Während man die Kunsthalle, die Orangerie und die Gewächshäuser wiederherstellte, entschied man sich im Fall des Hoftheaters für den Abriß: Die noch aufrechtstehenden Umfassungsmauern wurden Anfang der 60er Jahre niedergelegt, um dem Neubau des Bundesverfassungsgerichts Platz zu machen.
H. Hübsch, Ansicht des Hoftheaters, aquarellierte Zeichnung, um 1850
Der in Weinheim an der Bergstraße geborene Hübsch studierte 1813 bis 1815 Philosophie und Mathematik an der Universität Heidelberg, wo die frühe Romantik großen Einfluß auf ihn ausübte. 1815 brach er sein Studium ab, um sich in Karlsruhe an der von Friedrich Weinbrenner geleiteten Bauschule zum Architekten ausbilden zu lassen. 1820 bestand er die Staatsprüfung. Ausgedehnte Studienreisen nach Italien, Griechenland und Konstantinopel waren vorausgegangen, ein weiterer langer Aufenthalt in Rom folgte. Je mehr sich Hübsch mit antiker Architektur auseinandersetzte, über die er auch einige Schriften veröffentlichte, desto mehr wuchs sein Unbehagen an Weinbrenners klassizistischer Bauweise. Von 1824 lehrte Hübsch in Frankfurt, dann wurde er - kurz nach Weinbrenners Tod - zum Residenzbaumeister in Karlsruhe berufen. In den folgenden Jahren stieg er zum obersten Baubeamten des Großherzogtums Baden auf. Durch seine Bauwerke und seine Publikationen übte er erheblichen Einfluß auf die deutsche Architektur des 19. Jahrhunderts aus, vor allem durch seinen von der italienischen Frührenaissance inspirierten "Rundbogenstil". Schon bald nach seinem Tod 1863 in Karlsruhe errichtete man ihm ein Denkmal mit einer von Friedrich Moest geschaffenen Marmorbüste. Es steht zwischen der Kunsthalle und dem ebenfalls von Hübsch entworfenen Wohnhaus des Hofgartendirektors (heute Museumspädagogische Abteilung der Staatlichen Kunsthalle).
H. Hübsch, Blick in den Zuschauerraum des Hoftheaters, Lithographie, 1850/52
Hübsch hat die Kunsthalle als Vierflügelanlage um einen rechteckigen Hof konzipiert. Aus Kostengründen wurde zunächst nur ein Flügel realisiert. Die anderen folgten Jahrzehnte später, der letzte - an der Stelle des schon von Hübsch zum Abriß vorgesehenen, im Zweiten Weltkrieg zerstörten alten "Akademiegebäudes" - wurde sogar erst 1988 fertig. Die Kunsthalle ist ein für Hübschs Baustil charakteristisches Werk: Die Fassade ist klar gegliedert, unverputzt und maßvoll geschmückt. Statt auf klassizistische Dekoration setzt Hübsch auf die Vielfalt der Materialien: auf verschiedenfarbige Sand- und Backsteine, auf Terrakottareliefs und Bauplastik. Im Inneren fanden diverse Marmorsorten Verwendung, die Wände sind farbig gefaßt (in jedem Saal anders!) und werden nach oben von gemalten Friesen abgeschlossen. Alle Säle sind überwölbt, die Größe der Räume variiert. Das Zentrum des Gebäudes bildet das monumentale Treppenhaus mit den Wandbildern, die Moritz von Schwind auf Anregung Hübschs malte. Hübschs Hoftheater ersetzte den 1847 abgebrannten Bau seines Lehrers Weinbrenner. Um der Brandgefahr entgegenzuwirken, verzichtete Hübsch weitgehend auf Holz, ließ die Wände massiv mauern, die meisten Räumlichkeiten wölben und viele Konstruktionselemente in Eisen ausführen. Der halbrunde Zuschauerraum, der wie das Bühnenhaus auch am Außenbau erkennbar war, hatte vier Ränge und faßte 2000 Menschen. Die Fassade war lebendig gegliedert, die Geschosse der Vorhalle fein voneinander differenziert: das Erdgeschoß mit Pfeilern und Rundbögen, das Obergeschoß mit doppelten Säulen und Flachbögen. Ein prachtvolles Aquarell im Besitz der Kunsthalle überliefert das Aussehen des zerstörten Theaters.Um die West- und Nordseite des Botanischen Gartens gruppieren sich malerisch verschiedene Bauwerke Hübschs. In Analogie zum Pflanzenreich hat ihnen der Architekt eine große Mannigfaltigkeit in Formen und Farben verliehen. Wie Kulissen sind sie zu einem phantastischen Prospekt gefügt, der Kunst- und Naturfreunde noch heute erfreut.
Lit.: Heinrich Hübsch. Der große badische Baumeister der Romantik. Ausst.-Kat. Karlsruhe 1983.
Text: Dr. Holger Jacob-Friesen, Staatliche Kunsthalle Karlsruhe
Abbildungen: Staatliche Kunsthalle Karlsruhe