Karlsruhe: Stadtgeschichte
Luftschutz-Operationsbunker
zurück zur ÜbersichtKaiserallee 10, Weststadt
Operationsbunker Kaiserallee 10, Entwurf: Paul Brömme, August 1941, Ansicht von Südwesten, Foto: J. Kleinmanns, 2005
Die ersten Bombenangriffe der Royal Air Force auf Berlin im August und September 1940 führten am 8. Oktober 1940 zum "Luftschutz-Sofortprogramm" Adolf Hitlers. Es sah vor, alle 61 Luftschutzorte 1. Ordnung (Städte über 100.000 Einwohner mit Rüstungsindustrie, Militäranlagen oder strategischer Bedeutung) mit bombensicheren Luftschutzbunkern für insgesamt 10 Millionen Menschen auszustatten. Von diesem gigantischen Bauvorhaben waren bis Mai 1943 immerhin 3.000 Luftschutzbunker mit 1,5 Millionen Plätzen verwirklicht. Zwar zählte Karlsruhe nicht zu den 61 Städten 1. Ordnung, erhielt aber dennoch seit August 1941 elf Luftschutzbunker.Es lassen sich in Karlsruhe zwei Bautypen unterscheiden: Hochbunker (Erzbergerstraße, Irisweg, Rheinhafenstraße) und Tiefbunker (Bernsteinstraße, Danziger Straße, Haselweg, Panoramaweg, Zeppelinstraße). Besondere Funktionen hatten der Operationsbunker der Landesfrauenklinik (Kaiserallee), der Bunker unter dem Bahnsteig 7 des Hauptbahnhofs und der Werksluftschutzbunker der damaligen Argus Motoren GmbH (Michelinstraße). Außerdem waren im Durlacher Steinbruch und entlang der Alb 13 Luftschutzstollen sowie im ganzen Stadtgebiet Hunderte von Luftschutzkellern angelegt worden. Trotzdem kamen in Karlsruhe 1.754 Zivilisten bei den Bombenangriffen ums Leben.
Die Planungen lagen in Karlsruhe beim Hochbauamt der Stadt in den Händen des Stadtbaumeisters Paul Brömme (1908-1964). Bemerkenswert ist die aufwändige Gestaltung der meisten Karlsruher Hochbunker. Findet man in anderen Städten meist nur schlichte Betonwürfel, so fallen bei den Karlsruher Bunkern besondere Architekturdetails und plastischer Schmuck auf. Auch finden sich Walmdächer, die allenfalls die Funktion haben konnten, die Bunker aus der Luft als Zivilbauten erscheinen zu lassen. Als "Zerschellerplatte" zur Milderung des Explosionsdrucks bei einem Treffer dürften die extrem dünn bemessenen Dachflächen kaum gewirkt haben.
Der Operationsbunker in der Kaiserallee wurde nach Brömmes Entwurf auf dem Gelände der damaligen Landesfrauenklinik für deren Zwecke erbaut. Er hat einfache kubische Formen. Alle Bauteile sind aus Stahlbeton mit DywidagSpiralbewehrung hergestellt, das Sockelgeschoss ist mit Buntsandsteinquadern verblendet. Ursprünglich waren gemauerte Blendbögen vorgesehen. Die Außenwände messen nur 1,10 m, die obere Geschossdecke nur 1,40 m. Diese geringe Deckenstärke war bereits im Juli 1941 in Bremen von einer englischen 110-kg-Sprengbombe durchschlagen worden. Die ab 1942 über Karlsruhe abgeworfenen Bomben hatten schon weit größere Sprengkraft.
Der eigentliche Bunker hat einen rechteckigen Grundriss (42,80 x 15,80 m), seine Sohle liegt 4 m unter Terrain. Im Süden trägt er ein 18,20 m langes Obergeschoss. Der Eingang im Norden mit Splitter- und Gasschleuse diente als Notausgang, der Hauptzugang erfolgte in beiden Geschossen durch einen Verbindungsgang zur Klinik. Im Untergeschoss lagen zehn Krankenzimmer, ein Entbindungszimmer, Schrank- und Wäschezimmer, Teeküche, WC und Bad sowie ein Maschinenraum mit Notstromaggregat. Die innere Erschließung erfolgt über ein Treppenhaus an der Nordseite und einen Krankenaufzug. Das kleinere Obergeschoss nahm Operationssaal, Vorbereitungsraum, Sterilraum, Arzt- und Schwesternzimmer auf.
Die Planung des Bunkers erfolgte bis August 1941. Der Bau wurde unmittelbar begonnen und 1942 fertig gestellt. 1960 wurde das Obergeschoss auf die gesamte Grundfläche des Untergeschosses erweitert, um einem Lehrsaal für die Hebammenschule und einer Kapelle Platz zu bieten. Erst 1983 wurde die vollständig erhaltene medizinische Ausstattung des Operationsbunkers entfernt und dieser zur Stabsstelle der Stadt Karlsruhe für den Verteidigungsfall ausgerüstet. Seit dem Ende des Kalten Krieges dient der Bunker als Lagerraum verschiedener städtischer Einrichtungen.
Text: Dr. Joachim Kleinmanns, Universität Karlsruhe