Karlsruhe: Stadtgeschichte
Gedenktafel für die ehemalige Synagoge der orthodoxen jüdischen Gemeinde
Karl-Friedrich-Straße 18
Aufnahme Arthur Mehlstäubler 2016 (Stadtarchiv Karlsruhe 11/DigA 43/104 DO)
In der Auseinandersetzung zwischen reformorientierten und dem traditionellen jüdischen Ritus verpflichteten Gemeindemitgliedern traten 1869 einige orthodoxe jüdische Familien aus der jüdischen Gemeinde aus. Sie gründeten nach dem Muster der Frankfurter Austrittsgemeinde von Samson Raphael Hirsch (1808-1888) 1870 die orthodoxe Israelitische Religionsgesellschaft. Karlsruhe war die einzige neo-orthodoxe Austrittsgemeinde in Baden.
Die Gemeinde erwarb 1879/80 das Anwesen Karl-Friedrich-Straße 16 und ließ in dessen rückwärtigen Hof eine vom Architekten Gustav Ziegler entworfene Synagoge bauen, die 1881 eingeweiht wurde. Wie die Synagoge der liberalen Gemeinde in der Kronenstraße fiel auch diese Synagoge dem nationalsozialistischen Terror der Reichspogromnacht vom 9. auf den 10. November 1938 zum Opfer.
1988 wurde an der Fassade des Hauses Karl-Friedrich-Straße 18 eine Tafel angebracht, die an die Zerstörung der Synagoge erinnerte. Allerdings wurden in der ersten Version der Tafel die Schuldigen nicht genannt. Erst nach einem kritischen Kommentar in der Karlsruher Alternativzeitung "Gegendruck" im November 1988 wurde der Text ergänzt:
Im rückwärtigen Bereich / dieses Grundstücks / befand sich seit dem Jahre 1881 / die Synagoge / der israelitischen / Religionsgesellschaft / Sie wurde in der Nacht / vom 9./10. November 1938 / auf Anordnung der NS-Regierung / niedergebrannt
Auch diese schlichte Tafel, die die Zerstörung der Synagoge auf einen Verwaltungsakt reduzierte, ersetzte der Hauseigentümer auf eigene Kosten am 9. November 1998 durch eine neue Gedenktafel. Die äußere und textliche Gestaltung wurde mit der Jüdischen Kultusgemeinde abgesprochen. Die Inschrift der quadratischen Bronzetafel (42x42 cm) lautet IM INNENHOF / DIESES GRUNDSTÜCKS / STAND EINST DIE 1881 ERRICHTETE / SYNAGOGE / DER ORTHODOXEN / ISRAELITISCHEN RELIGIONSGESELLSCHAFT. / IN DER NACHT / VOM 9. ZUM 10. NOVEMBER 1938 / WURDE AUCH DIESE SYNAGOGE / VON NATIONALSOZIALISTEN / ENTWEIHT UND NIEDERGEBRANNT.
So spiegelt die Geschichte dieser Gedenktafeln die Entwicklung in der Auseinandersetzung mit den Verbrechen der Nationalsozialisten in den letzten Jahrzehnten wider.
Weiterführende Informationen
Artikel zur Synagoge in der Karl-Friedrich-Straße im Stadtlexikon Karlsruhe
Zur Verfolgung der Karlsruher Jüdinnen und Juden in der Zeit des
Nationalsozialismus:
Josef Werner: Hakenkreuz und Judenstern. Das Schicksal der
Karlsruher Juden im Dritten Reich, 2. Auflage Karlsruhe 1990 (=
Veröffentlichungen des Karlsruher Stadtarchivs, Band 9).