Karlsruhe: Städtische Galerie
Schwarzwald-Bilder
Kunst des 19. Jahrhunderts
Klingende Namen wie die der Bäderstädte Baden-Baden und Bad
Herrenalb oder der historischen Zähringerstadt Freiburg,
verwunschene, sagenumwobene Plätze wie der Mummelsee,
wild-romantische Landschaften wie die Triberger Wasserfälle oder
die Ravennaschlucht und herausragende Berggipfel wie der
Feldberg oder die Hornisgrinde stehen für den Schwarzwald und
rufen unter-schiedlichste Assoziationen hervor. Es sind Orte,
die auch Künstler aufsuchten und in ihren Zeichnungen und
Gemälden festhielten. Dicht mit Bäumen bestandene Waldpartien,
weitläufige Weideflächen in Höhenlagen, romantische
Flusspartien, vielfältige Trachten und Situationen aus dem
Alltagsleben gaben den Malern immer wieder Anregungen für
charakteristische Kompositionen. Die Ausstellung
"Schwarzwald-Bilder" führt Gemälde, Zeichnungen, Druckgrafiken
und historische Fotografien aus zahlreichen öffentlichen und
privaten Sammlungen zu einem eindrucksvollen, faszinierenden
Panorama zusammen.
1806, mit der Gründung des Großherzogtums Baden, gehören 77 %
des größten deutschen Mittelgebirges diesem neu entstandenen
Staat an. Die übrige Fläche war dem Königtum Württemberg
zugeteilt. Auf der badischen Seite wurden die großen
Rodungsflächen früherer Jahrhunderte mit Tannen aufgeforstet, so
dass damals der Schwarzwald mit dem Baumbewuchs entstand, wie
wir ihn heute kennen. Das Interesse der Künstler für die
heimische Natur und die verbesserten Verkehrs- verhältnisse
bildeten die Grundlage dafür, dass sich Maler und Grafiker die
vielfältige Landschaft des Schwarzwalds zunächst von Baden-Baden
aus erschlossen. Hier fanden sie reizvolle Motive wie das Neue
Schloss, die Lichtentaler Allee oder das Kloster Lichtental.
Ausflüge führten die Besucher der Bäderstadt zu den Geroldsauer
Wasserfällen, zu den malerischen Ruinen von Hohenbaden und
Ebersteinburg oder ins nahegelegene Murgtal mit seinen wilden
Partien, die südlich von "Neueberstein" einsetzen. Die vom
großherzoglichen Haus geförderten, anerkannten Grafiker Carl
Kuntz, Christian Haldenwang und Carl Ludwig Frommel hielten
diese Motive in Radierungen und Stahlstichen fest und boten
damit dem internationalen Publikum reiches Bildmaterial zur
Erinnerung an den Aufenthalt in Baden-Baden. Mit Gustave Courbet
kam von 1842 an ein junger französischer Kollege regelmäßig an
die Oos, der bis zu seinem Aufenthalt 1865 internationales
Renommee erlangt hatte. In seinen Ölskizzen und Zeichnungen
widmete auch er sich den lokalen landschaftlichen und
architektonischen Attraktionen.
1854, zwei Jahre nach seinem Regierungsantritt, gründete Regent
Friedrich von Baden (seit 1856 Großherzog) eine Kunstschule in
Karlsruhe, aus der die spätere Akademie hervorging. Sie
entwickelte sich rasch zu einem weithin ausstrahlenden Zentrum
der Landschaftsmalerei in Deutschland, das viele herausragende
Talente anzog. Bereits Johann Wilhelm Schirmer, angesehener
Landschaftsmaler aus Düsseldorf und erster Direktor der neuen
Schule, reiste mehrfach zu Studienzwecken in den Schwarzwald.
Sein aus Bernau gebürtiger Schüler Hans Thoma wählte immer
wieder Motive aus seiner Heimat und lud Kommilitonen wie Egon
Bracht oder Emil Lugo dorthin ein. Auch Schüler von Gustav
Schönleber wie Friedrich Kallmorgen, Gustav Kampmann und Karl
Biese hielten sich bevorzugt im Schwarzwald auf, um dort in der
freien Natur zu arbeiten und sich von den atmosphärischen
Stimmungen im Wechsel der Tages- und Jahreszeiten inspirieren zu
lassen. Zu diesem Kreis zählte auch der aus Sachsen stammende
Wilhelm Hasemann. Er begründete nicht nur die Gutacher
Künstlerkolonie. Angeregt durch den Schöpfer der "Schwarzwälder
Dorfgeschichten", den Schriftsteller Berthold Auerbach, schuf er
mit seinen Darstellungen der Gutacher Tracht mit ihrem
charakteristischen Bollenhut das "Schwarzwaldmädel", ein Symbol,
das noch in unserer Zeit weltweit für den Schwarzwald steht. Bis
heute befassen sich zahlreiche Kunstschaffende mit dem Thema
"Schwarzwald". Vier völlig unterschiedliche Positionen sind
beispielhaft im Forum der Galerie zu sehen: Anna und Bernhard
Johannes Blume verbinden in ihren Fotografien Reflexionen zur
kleinbürgerlichen Lebenswelt und zum Waldsterben. Thomas Ruff
thematisiert die Diskrepanz zwischen der Vorstellung vom
Schwarzwald und der Realität. Für Brigitta Weber ist die
Landschaft von Lichtental Ausgangspunkt für kontemplative Malere
und Daniel Roth greift die Mythen und Erzählungen zum
Schwarzwald wieder auf und erzählt sie neu. Die Ausstellung ist
ein Beitrag zu den Heimattagen Baden-Württemberg, die 2017 in
Karlsruhe stattfinden. Es erscheint ein reich bebilderter
Katalog im Michael Imhof Verlag. Er
Zu sehen sind mehr als 200 Werke von Karl Biese, Eugen Bracht,
Walter Conz, Gustave Courbet, Hermann Daur, Adolf Des Coudres,
Alma Erdmann, Carl Ludwig Fahr-bach, Otto Fikentscher, Carl
Ludwig Frommel, Christian Haldenwang, Wilhelm Hase-mann, Albert
Haueisen, Hornemann, Friedrich Kallmorgen, Gustav Kampmann,
Al-bert Kappis, Ludwig Knaus, Carl Kuntz, Christian
Landenberger, Curt Liebich, Emil Lugo, Hermann Pleuer, Victor
Puhonny, Max Roman, Johann Wilhelm Schirmer, Otto Scholderer,
Hans Thoma, Wilhelm Trübner, Benjamin Vautier d. Ä., Hans
Richard von Volkmann, Anton von Werner sowie Anna und Bernhard
Blume, Daniel Roth, Thomas Ruff Brigitta Weber und vielen
anderen.
Hans Thoma, Mein Heimattal, 1918, Öl auf Leinwand, Städtische Galerie Karlsruhe, Foto: Heinz Pelz, Karlsruhe
Emil Lugo, Kandel-Landschaft, 1859, Öl Auf Leinwand, Städtische Galerie Karlsruhe, Foto: Heinz Pelz, Karlsruhe
Friedrich Kallmorgen, Der Taufgang, 1887, Öl auf Leinwand, Sammlung Kaletta, Foto: Heinz Pelz, Karlsruhe