Karlsruhe: Städtische Galerie
Von den Städtischen Kunstsammlungen zur Städtischen Galerie Karlsruhe im Prinz-Max-Palais
Die Geschichte der Städtischen Kunstsammlungen reicht bis ins
vergangene Jahrhundert zurück. Erstmals 1895 wurde außer einem
Betrag von 7000 Mark zur Inventarisierung des Archivs auch eine
Summe von 2500 Mark zur »Anschaffung von kunst- und
kunstgewerblichen Gegenständen« in den Haushalt der Stadt
Karlsruhe eingestellt.
1896 erhielt die Stadt Karlsruhe von den Erben des Karlsruher
Juristen Ferdinand Siegel eine Sammlung als Geschenk, die heute
noch zu ihren wertvollsten Beständen zählt. Sie umfaßt rund 1800
Blätter europäischer Druckgrafik des 15. - 19. Jahrhunderts mit
Meisterwerken deutscher, französischer, italienischer und
niederländischer Künstler - darunter Kupferstiche und
Radierungen von Schongauer, Dürer, Callot, Piranesi, Canaletto,
Rembrandt.
1924 erwarb die Stadt die Gemäldesammlung des Karlsruher
Glasmalers Hans Drinneberg gegen Zahlung einer Leibrente und
Steuerbefreiung für sein Haus. Die Sammlung umfasste 101 Werke,
die damals auf rund 100 000 Mark geschätzt wurden. Da Drinneberg
bei Vertragsabschluss schon 72 Jahre alt war und sieben Jahre
später starb, hatte die Stadt damit kein schlechtes Geschäft
gemacht.
Zu den Gemälden der Drinnebergschen Sammlung selbst schrieb 1929
Stadtarchivrat Dr. Vischer in einem Manuskript: »Dieselben
bieten einen guten Überblick über das Karlsruher Kunstschaffen
der letzten 50 Jahre. Vom ausgeführten Bild bis zur Studie
finden sich Werke u.a. von Baisch, Fehr, Hoff Vater und Sohn,
Kallmorgen, Keller, Luntz, Pforr, v. Ravenstein, Schmid-Reutte,
Weishaupt, Würtenberger. Von bekannteren auswärtigen Künstlern
sind u.a. Koester, Langhammer und Schramm-Zitau
vertreten.«
Und er fuhr fort: »Durch den Bestand der Drinnebergschen
Sammlung war die Bahn für die Stadtverwaltung näher gewiesen,
nämlich unbeschadet der Badischen Kunsthalle und im Einvernehmen
mit dieser eine städtische Kunstsammlung anzulegen, welche die
Entwicklung der Karlsruher Bildenden Kunst seit Gründung der
Akademie (1854) darstellen soll. Zu ihrem Ausbau sind in den
Voranschlägen der letzten Jahre beträchtliche Mittel eingesetzt
worden«. Immerhin hatte die Stadt in den Jahren 1924 - 1928
trotz der schlechten wirtschaftlichen Verhältnisse 223 364 Mark
für Kunstwerke ausgegeben, allerdings nicht ausschließlich für
Gemälde, sondern auch für andere Projekte.
Ungeklärt war jedoch noch immer die Frage der Unterbringung der
Städtischen Kunstsammlung. Stadtarchivrat Dr. Vischer schrieb im
oben zitierten Manuskript: »Die Unterbringung der Kunstwerke
trägt provisorischen Charakter. Es fehlt zur Zeit noch an
geeigneten Sammlungsräumen, die wohl erst durch einen Neubau
geschaffen werden können; die Ausstellungshalle kommt hierfür
nicht in Frage. Ein Teil der Sammlung ist als Leihgabe an die
Badische [heute: Staatliche] Kunsthalle übergeben, die Mehrzahl
als Wandschmuck in den Amtsräumen des Rathauses und einigen
Ämtern außerhalb desselben vorläufig untergebracht
worden.«
Mit dem Neubau spielt Vischer möglicherweise auf ein Projekt von
Professor Hermann Billing aus dem Jahr 1924 an, der mit der
Neugestaltung des Areals am Ettlinger Tor beauftragt worden war.
Ohne dass in der Ausschreibung der Bau einer Städtischen
Kunsthalle erwähnt wäre, hat Billing - vermutlich aus eigenem
Antrieb - einen monumentalen Entwurf für eine Städtische
Kunsthalle am Ettlinger Tor gezeichnet.
Die Drinnebergsche Gemäldesammlung, die einstweilen noch im
Hause Drinneberg, Schützenstraße 7, aufbewahrt worden war, wurde
1929 in die Hochschule für Musik (ehem. Palais Bürklin),
Kriegsstraße 166/168, überführt und dort aufgehängt. Damit war
den Wünschen Drinnebergs nach einem angemessenen Rahmen Rechnung
getragen und alle weiteren Überlegungen wegen der Unterbringung
des übrigen städtischen Kunstbesitzes wurden vorerst auf Eis
gelegt.
Eine weitere Abrundung des städtischen Kunstbesitzes gelang im
Kriegsjahr 1942 durch den Erwerb einer Sammlung von 300
Ölskizzen und Zeichnungen des Durlacher Malers Karl Weysser
(1833 - 1904).
Die Grafik-Bestände der Städtischen Kunstsammlungen wurden im
Jahr 1954 durch den Ankauf einer Sammlung von rund 300
japanischen Farbholzschnitten aus dem Nachlass des Karlsruher
Philosophiedozenten Arthur Drews (1865 - 1935) bereichert. In
der Sammlung befinden sich wertvolle Werke aus dem 18. und 19.
Jahrhundert (wie Utamaru, Hokusai und Hiroshige).
Nach langen Verhandlungen konnte im Jahr 1974 ein Konvolut von
65 Zeichnungen des Karlsruher Malers Willi Müller-Hufschmid
(1890 - 1966) für die Städtischen Kunstsammlungen erworben
werden. Bis dahin besass die Stadt von diesem wichtigen, auch
überregional anerkannten Künstler nur ein einziges frühes
realistisches Bild aus den 20er Jahren sowie eine ganz Reihe von
wesentlich später entstandenen abstrakten Gemälden und
Zeichnungen aus den 50er und 60er Jahren. Mit dem Erwerb der
Zeichnungen aus den Jahren 1940 - 1947 war nun ein
Verbindungsglied zwischen diesen beiden so weit auseinander
liegenden künstlerischen Entwicklungsperioden gefunden und
darüber hinaus ein zeitgeschichtliches Dokument verschlüsselter
Kritik am Dritten Reich.
Außer für den Ankauf größerer Sammlungen stand nach 1945 für den
Erwerb von Einzelwerken wieder ein - wenn auch bescheidener -
Etat zur Verfügung. Es setzten Ankäufe wichtiger Werke
westdeutscher zeitgenössischer Kunst ein. Infolge des so
angewachsenen Kunstbesitzes fasste die Stadtverwaltung zu Beginn
der 70er Jahre den Entschluss, für die Unterbringung und vor
allem Ausstellung der Städtischen Kunstsammlungen ein geeignetes
Gebäude zu finden.
Am 8. Mai 1981 wurde die Städtische Galerie im Prinz-Max-Palais
eröffnet. Zum ersten Mal in ihrer fast 100jährigen Geschichte
verfügten die Städtischen Kunstsammlungen über eigene Räume für
eine ständige Ausstellung des städtischen Kunstbesitzes, über
Räume für Wechselausstellungen, ein grafisches Kabinett, einen
Hof und Garten zur Präsentation von Plastiken sowie über Räume
für begleitende Aktivitäten wie Film-, Video-, Dia-Vorführungen,
Malen und Basteln. Nicht zu vergessen Magazin- und
Werkstatträume, ferner Büros für die Verwaltung.
Im Verlauf der nächsten 15 Jahre fand die Städtische Galerie im
Prinz-Max-Palais mit über 60 Sonderausstellungen ihren Platz
innerhalb der Karlsruher Museumslandschaft. Präsentationen wie
etwa »Palladio« (1981/82), »Erich Heckel« (1983), »Spitzweg -
Schwind - Schleich« (1984), »Holomedia '86« (1986), »Zurück zur
Natur, aber wie?« (1988), »Skulptur aus dem Louvre« (1989),
»Paul Klee - Wachstum regt sich« (1990), »Kunstschätze aus
Sachsen« (1991), »Markus Lüpertz« (1992), »Wilhelm
Schnarrenberger« (1993), »Georg Baselitz« (1993), »Karl Hubbuch«
(1993/94), »Picasso Live« (1994), »Emil Schumacher - Gouachen«
(1994), »Frauen im Aufbruch?« (1995), »Horst Antes« (1995/96)
sowie »Vom Glück des Lebens. Französische Kunst des 18.
Jahrhunderts aus der Staatlichen Eremitage St. Petersburg«
(1996) fanden starke regionale, bisweilen internationale
Beachtung. Der Katalog, in dem diese Ausstellungen unter dem
Titel »15 Jahre Städtische Galerie im Prinz-Max-Palais Karlsruhe
1981 - 1996« zusammenfassend rekapituliert sind, ist noch zu
haben. Mit der Präsentation »Hermann Billing. Ein badischer
Architekt zwischen Historismus und Neuem Bauen« beendete die
Städtische Galerie Karlsruhe im Prinz-Max-Palais 1997 ihre
dortige Ausstellungstätigkeit.
Im Sommer 1997 zog die Städtische Galerie aus dem Prinz-Max-
Palais aus und bezog ihr neues Domizil im Lichthof 10 des
Hallenbaus A an der Lorenzstraße in direkter Nachbarschaft und
unter einem Dach mit dem Zentrum für Kunst- und
Medientechnologie (ZKM). Dieser Umzug in den Hallenbau erfolgte
aufgrund eines Gemeinderatsbeschlusses vom 25. Mai 1993. Damit
änderte sich die Adresse: Aus der Städtischen Galerie im
Prinz-Max-Palais wurde schlicht STÄDTISCHE GALERIE KARLSRUHE.
Ein neues Kapitel in der Geschichte der Städtischen Galerie
wurde aufgeschlagen.